Camilla Grebe: Wenn das Eis bricht

Etwas stimmt nicht – aber was?

Bisher kannte ich bereits die vier hervorragenden Krimis um die Stockholmer Psychotherapeutin Siri Bergman, die Camilla Grebe, Betriebswirtin, zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Åsa Träff, Psychologin mit Schwerpunkt Verhaltenstherapie, geschrieben hat. Ich war deshalb sehr gespannt, ob Camilla Grebe alleine genauso gut schreibt wie im Team, und vor allem, ob das psychologische Element genauso stark sein würde. Beide Fragen kann ich nach der Lektüre mit einem eindeutigen Ja beantworten.

Der Thriller Wenn das Eis bricht beginnt mit einem scheußlichen Fund: In der Villa des ebenso erfolgreichen wie wegen seiner Methoden, seiner Frauengeschichten und seiner politisch unkorrekten Äußerungen umstrittenen 45-jährigen Managers einer erfolgreichen Modekette, Jesper Orre, liegt eine enthauptete Frau, Orre selbst ist verschwunden. Die Auffindesituation gleicht frappierend einem nie aufgeklärten Mord an einem jungen Mann zehn Jahre zuvor ebenfalls in Stockholm. Können zwei verschiedene Täter dermaßen ähnliche Verbrechen begehen? Wer ist die Tote und wo ist Jesper Orre?

Erzählt wird abwechselnd aus drei Perspektiven. Peter Lindgren, 49 Jahre, latent depressiv, mit stark angeknackstem Selbstbewusstsein und pathologischer Bindungsangst, ermittelt heute wie damals bei der Stockholmer Kriminalpolizei. Hanne Lagerlind-Schön, 59 Jahre, Verhaltensforscherin und gelegentlich von der Polizei mit der Erstellung psychologischer Täterprofile beauftragt, war ebenfalls bereits in den alten Fall involviert. Gegen Peters Willen wird sie erneut hinzugezogen. Die Beiden hat einst eine ernsthafte Liebesbeziehung verbunden, die an Peters Bindungsangst gescheitert ist. Nun leidet Hanne an beginnender Demenz und steht vor der Frage, wie sie die Zeit vor dem Vergessen sinnvoll verbringen will. Die dritte Ich-Erzählerin, die häppchenweise über die zwei Monate vor der Tat berichtet, ist die junge Verkäuferin Emma Bohman, angestellt bei der gleichen Modekette wie Jesper Orre, durch die heimliche Verlobung mit ihm aufgestiegen vom Aschenputtel zur Prinzessin – bis er sich plötzlich nicht mehr meldet.

Anders als der Leser oder die Leserin, für die sich schnell ein Bild ergibt, tappt die Polizei lange im Dunkeln. Doch irgendetwas passt nicht so recht zusammen – aber was?

Ein über 600 Seiten durchgehend spannender, einfach zu lesender Psychothriller, stimmig erzählt und genial aufgelöst, eben ein echtes Produkt „made in Sweden“.

Camilla Grebe: Wenn das Eis bricht. btb 2017
www.randomhouse.de

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