Jamie Ford: Die chinesische Sängerin

Mutter und Sohn

Vor einigen Jahren war Keiko, der Debütroman von Jamie Ford, ein absolutes Highlight für mich. Lange musste ich auf seinen zweites Buch warten, das mich aber auch beim zweiten Lesen nicht so überzeugen konnte wie sein erster Roman.

In Die chinesische Sängerin entführt Jamie Ford seine Leser in das Seattle der 1920er- und 30er-Jahre. William Eng, 12-jähriger Amerikaner chinesischer Abstammung, lebt dort 1934 im Waisenhaus Sacred Hearts bei katholischen Nonnen. Seinen Vater kennt er nicht, seine Mutter, an die er nur gute Erinnerungen hat, soll tot sein.

Die Nonnen sind hart zu den ihnen anvertrauten Kindern. Nur einmal pro Jahr erzählen sie ihnen Bruchstücke ihrer Familiengeschichte. Alle Kinder im Heim haben schlimme Schicksale durchlitten, viele sind keine Waisen und warten stündlich auf ihre Abholung durch die Eltern. Williams Halt sind seine beiden Freunde, die blinde Charlotte und der Indianerjunge Sunny.

Einmal im Jahr wird der gemeinsame Geburtstag der Kinder mit einem Ausflug ins Kino gefeiert. Bei seinem fünften Kinobesuch erkennt William auf der Kinoleinwand plötzlich seine Mutter: Sie ist der Revuestar Willow Frost und wird demnächst in Seattle gastieren. Mit seiner Freundin Charlotte zusammen reißt William aus, um sie wiederzusehen. Doch das Treffen wird ganz anders als erwartet und schließlich erzählt sie ihm ihre Lebensgeschichte der Jahre 1921 bis 1929, eine von Armut, Rassendiskrimierung, Unterdrückung, Arbeitslosigkeit und Rezession geprägte Epoche, zugleich aber die Zeit, in der das Filmwesen seinen großen Aufstieg nahm…

Der Roman ist leicht und flüssig zu lesen, die beiden Zeitebenen 1934 und 1921 bis 1929 sind durch die Kapitelüberschriften gut zu trennen. Das emotional geschilderte Schicksal von William und seiner Mutter hat mich bewegt, war mir aber teilweise auch zu amerikanisch-melodramatisch.

Jamie Ford: Die chinesische Sängerin. Berlin Verlag 2015
www.piper.de/berlin-verlag

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