Heinz Grundel: Rupert, der keine Husky

Träume leben

Rupert, der kleine Husky aus Alaska, träumt davon, ein berühmter Schlittenhund zu werden. Zum Glück schenkt Waldi, der Trapper, ihm einen alten Rennschlitten vom berühmten Rennen von Nome, den Rupert sofort auf Vordermann bringt und rot lackiert.

Bei seinem ersten Rennen mit dem „Roten Blitz“ legt er ein mörderisches Tempo vor, die Berge hinauf und volle Pulle wieder hinunter, kämpft sich durch einen Schneesturm, übersteht ein gefährliches Abenteuer in einer Bärenhöhle, ruft pflichtbewusst seine Eltern von unterwegs an, passiert den Streckenposten mit der Robbe Jesse, verliert Zeit bei der großen Karibuwanderung und kommt schließlich stolz als Sieger ins Ziel.

Rupert, der kleine Husky, getextet und illustriert von Heinz Grundel, ist ein sehr liebevoll gestaltetes, quadratisches Hardcover-Bilderbuch aus dem Kynos Verlag, das Kinder ab ca. vier Jahre, aber auch Erwachsene ermutigen will, für ihre Träume zu leben und sie trotz Widerständen nicht aufzugeben. Es passt deshalb nicht nur in die Kinderbuchabteilung, sondern durchaus auch auf den Geschenkbuchtisch der Buchhandlungen.

Heinz Grundel: Rupert, der keine Husky. Kynos 2016
www.kynos-verlag.de

Françoise Sagan: Lieben Sie Brahms…

Beziehungen

Françoise Sagan (1935 – 2004) war zeitweise Frankreichs erfolgreichste Bestsellerautorin. In meiner Jugend habe ich Bonjour tristesse verschlungen und geliebt, heute liegt mir Lieben Sie Brahms, ihr Roman aus dem Jahr 1959, näher, mit dem ich vor 30 Jahren eher weniger anfangen konnte. Alles eben eine Frage des Alters.

Paule, eine Frau von 39 Jahren, hat sich schon vor Jahren aus einer unglücklichen Ehe verabschiedet. Sie ist Innenarchitektin und Dekorateurin, liebt ihren Beruf und ihren gleichaltrigen Partner Roger, einen Egozentriker, der die offene Beziehung für zahlreiche Liebschaften nutzt. Paule leidet darunter, ist einsam und mutlos, bis sie eines Tages den 25-jährigen Simon kennenlernt, jung, schön, ein Träumer, Jura-Assessor ohne Ehrgeiz und unsterblich in sie verliebt. Er schenkt ihr die Zuneigung und Aufmerksamkeit, die sie sich immer gewünscht hat, und Paule wird schwach. Ihr Verhältnis mit Simon ist ein Tabubruch und gibt ihr etwas von der Jugend zurück, die eigentlich längst hinter ihr liegt. Doch da ist eben auch noch Roger, der ebenbürtige Partner, den sie eigentlich immer noch liebt…

Françoise Sagans Stil ist knapp, punktgenau, sentimental und klingt wie ein französisches Chanson.

Ebenso empfehlenswert ist die französisch-amerikanische Verfilmung von Anatole Litvak aus dem Jahr 1961 mit Ingrid Bergman, Ives Montand und Antony Perkins in den sagenhaft gut besetzten Hauptrollen.

Françoise Sagan: Lieben Sie Brahms… Wagenbach 2011
www.wagenbach.de

Marcus Sedgwick: Das Buch der toten Tage

Schaurig-düstere Lektüre über die Tage zwischen den Jahren

In die Zeit zwischen den Jahren, also zwischen Weihnachten und Silvester, passt dieses Buch, denn es sind die „toten Tage“.

Wo und wann der Fantasy-Roman spielt, wird nicht explizit gesagt, aber mich hat es an Prag um 1600 erinnert, nicht nur, weil ein gewisser Kepler auftaucht, Gelehrter und Doktor der Medizin, der sich mit den Sternen beschäftigt. Mit den Morden, den Friedhöfen, den engen Gassen, den unterirdischen Labyrinthen und Kanälen wird von Anfang eine Gruselstimmung erzeugt, die sich durch das ganze Buch zieht.

Im Mittelpunkt steht Boy, ein Waisenjunge ungewisser Herkunft ohne Namen und Geburtsdatum, den der zwielichtige Illusionist, Magier und Gelehrte Valerian eher als Sklave denn als Famulus hält. Valerian hat vor 15 Jahren einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, nun soll er am Jahresende für seine magischen Kräfte mit seinem Leben bezahlen. Nur mit Hilfe eines Buches, dem „Buch der toten Tage“, kann Valerian vor dem Tod bewahrt werden. Boy und seine Freundin Willow machen sich unter Zeitdruck auf die Jagd danach, nicht nur ihm zuliebe, sondern auch, weil sie ein eigenes Interesse haben…

So ganz ist der Funke bei diesem Jugend-Fantasy-Roman für gruselerprobte Jungs und Mädchen ab ca. 13 Jahren bei mir nicht übergesprungen, vielleicht deshalb, weil ich nicht mehr zur Zielgruppe gehöre. Die Idee mit den toten Tagen, an denen Phantasie und Wirklichkeit zusammentreffen, hat mir gut gefallen, auch das Setting fand ich gelungen und die Handlung recht verwickelt und auch spannend. Andererseits war die Auflösung zumindest teilweise unbefriedigend und bei mir bleibt das Gefühl zurück, dass man aus der an sich guten Idee mehr hätte machen können.

Marcus Sedgwick: Das Buch der toten Tage. dtv 2007
www.dtv.de

Caroline Bernard: Rendezvous im Café de Flore

Monter à Paris

„Monter à Paris“, „nach Paris aufsteigen“, nannte man es, wenn die Menschen früher ihre Dörfer verließen, um in der französischen Hauptstadt ihr Glück zu machen. Zwei Frauen tun das auf ganz unterschiedliche Weise im Roman Rendezvous im Café de Flore von Caroline Bernard.

Vianne Renard verlässt 1928 ihr Heimatdorf in den Cevennen, wo sie keine Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und auf eine Arbeit als Botanikerin hat. Ihr Preis ist die völlige Trennung von den Eltern und Brüdern, nur der Briefkontakt zur Mutter bleibt bestehen. Nach jahrelanger Arbeit als Wäscherin wird ihr Traum von einer Stelle im botanischen Institut Wirklichkeit. In dem britischen Maler David Marlowe Scott findet sie die Liebe ihres Lebens und er in ihr seine geliebte Muse, die er wieder und wieder zeichnet, doch für die Ehe und eine Familie ist er, für den seine Kunst an erster Stelle steht, nicht bereit.

Über 70 Jahre nach Vianne kommt Marlène mit einem Stipendium für zwei Semester Kunstgeschichte aus Sète an die Sorbonne. Sie teilt Viannes Begeisterung für die Stadt, liebt ihr Studienfach und den gutaussehenden Julien, doch die Krankheit ihrer Mutter lässt sie nach Hause zurückkehren und nach Juliens Schlussstrich fehlt ihr der Mut zur Rückkehr nach Paris. Erst ein verunglückter Kurzurlaub dort mit ihrem Mann Jean-Louis 16 Jahre später, die Begegnung mit einem Porträt von Vianne aus dem Jahr 1939 im Musée d’Orsay, das ihr verblüffend ähnelt, und die Bekanntschaft mit dem Kunsthistoriker Étienne machen ihr schließlich klar, dass es nie zu spät ist, nach Paris zurückzukehren.

Während mir der Teil über Vianne vom Prolog an und ganz besonders im letzten Teil, als es um ihre Rolle im Krieg geht, ausgesprochen gut gefallen hat, fand ich Marlènes Selbstmitleid zu Beginn eher anstrengend und den Ablauf dieses Handlungsstrangs vorhersehbar. Erst im zweiten Teil des Romans konnte ich mich mehr für ihr Schicksal erwärmen. Der große Pluspunkt des Buches und das, was mir nachdrücklich in Erinnerung bleiben wird, ist jedoch das Leben der mutigen Vianne.

Ich habe mir dieses Buch zur Lektüre in einer stressigen Zeit ausgesucht, als leichteren Unterhaltungsroman oder, wie ich es gerne nenne, als „Roman für die Hängematte“. Es war das perfekte Buch für diesen Zweck, aber genauso gut passt es zu einem Strandurlaub oder natürlich am allerbesten zu einem Aufenthalt in Paris!

Caroline Bernard: Rendezvous im Café de Flore. Aufbau 2016
www.aufbau-verlag.de

Irmgard Lindner: Krümel und Rosine in Schwierigkeiten

Jede Menge Kuddelmuddel

Band zwei um die zehnjährige Marianne, genannt Krümel, und die kleine Fee in Ausbildung, Rosine, nimmt den letzten Teil des ersten Bandes noch einmal auf und erzählt, wie Rosine in die Rolle der Tochter von Krümels Nachbarn schlüpfen konnte.

Rosine, die eine gravierende Merkschwäche für Zaubersprüche hat und sich deshalb im Feenreich überhaupt nicht wohlfühlt, möchte so gerne auf die Erde und zu ihrer Freundin Krümel zurückkehren, und auch Krümel, die unter der Trennung ihrer Eltern leidet, vermisst die kleine Fee. Da kommt Rosine auf die Idee, sich als Marlena, die Tochter von Krümels Nachbarn auszugeben, was so lang gutgeht, bis die echte Tochter plötzlich bei ihrem Vater wohnen möchte…

Wie es die drei Mädchen dank der Wetterhexe Aurelia und Krümels tollem Großvaters trotz des ganzen Kuddelmuddels doch noch zu einem Happy End bringen, erzählt Irmgard Lindner sehr unterhaltsam in ihrem Mädchenbuch ab acht Jahren, zu dem Dagmar Geisler wieder witzige Schwarz-Weiß-Illustrationen beigesteuert hat.

Irmgard Lindner: Krümel und Rosine in Schwierigkeiten. Thienemann 2002
www.thienemann-esslinger.de

Irmgard Lindner: Krümel und Rosine

Besuch aus dem Feenreich

Krümel heißt eigentlich Marianne, ist zehneinhalb Jahre alt, ziemlich klein und hat viele Probleme. Ihre Eltern haben sich getrennt und der Start im Gymnasium verläuft alles andere als reibungslos. Einziger Lichtblick ist ihr Großvater, aber der wohnt nicht nah genug, um Krümels Einsamkeit zu vertreiben.

Als sie eines Abends alleine im Wohnzimmer sitzt, sieht sie plötzlich viele bunte Sterne auf dem Balkon und Rosine erscheint, ein Mädchen im Abendkleid mit Goldschuhen, das aus dem Feenreich kommt. Nach kurzem Angiften schließen die beiden Mädchen Freundschaft. Rosine, die eigentlich Rosalinde heißt, hat beim Zaubern ähnliche Probleme wie Krümel in der Schule, und so richtet sie mehr Chaos an, als Krümel lieb ist. Sie möchte gerne auf der Erde bleiben, doch die Feen arbeiten mit allen Tricks, um sie zurückzuholen, und als Krümel schon befürchtet, dass sie Rosine nie wiedersieht, entdeckt sie plötzlich hinter der Tochter des neuen Nachbars ganz viele bunte Sterne…

Krümel und Rosine ist ein nett geschriebenes Mädchenbuch zum Selberlesen ab der dritten Klasse. Zwar werden viele Probleme, wie z. B. Scheidung oder Alleinsein, aber der Ton bleibt sehr positiv, bisweilen lustig, wozu auch die leider wenigen peppigen Schwarz-Weiß-Illustrationen von Dagmar Geisler beitragen.

Irmgard Lindner: Krümel und Rosine. Thienemann 2001
www.thienemann-esslinger.de

Joseph Jefferson Farjeon: Geheimnis in Weiß

Mörderische Weihnachten

Die Fahrt einer bunt zusammengewürfelten Reisegruppe an einem 24. Dezember in einem Zugabteil der dritten Klasse von Euston nach Manchester wird jäh durch einen Schneesturm gestoppt. Als einige Passagiere aussteigen, um sich zu Fuß zum nächsten Bahnhof durchzuschlagen, müssen sie in einem Landhaus Unterschlupf suchen. Sie finden es geöffnet vor, ein Kaminfeuer brennt, der Tisch im Salon ist gedeckt, die Speisekammer gefüllt, das Teewasser kocht und auf dem Küchenboden liegt ein Brotmesser, nur findet sich weit und breit kein Gastgeber.

Dass es, wie ein Inspektor später feststellt, innerhalb eines halben Tages vier Morde zu beklagen gibt, und er sich seine Weihnachtsgans redlich verdient hat, mag bei diesem gruseligen Ambiente vielleicht gar nicht so verwundern. Noch spannender als die Mordfälle und deren Aufklürung fand ich allerdings die Zusammensetzung der Gruppe sowie ihre Interaktionen und Gespräche. Da sind zunächst der schon ältere, vornehme Mr. Edward Maltby mit seinem analytischen Gehirn, Mitglied der Königlich-Parapsychologischen Gesellschaft, der mich sehr an Hercule Poirot erinnert hat, das jüngere Geschwisterpaar David und Lydia aus der gehobeneren Gesellschaft, Mr. Thomson, ein farbloser Buchhalter, eine Revuetänzerin ohne Engagement namens Jessie Noyes, die gerne gesellschaftlich aufsteigen würde, ihre Grenzen aber durchaus erkennt, der notorische Nörgler Mr. Hopkins, ein Emporkömmling, dem es an Manieren und Kombinationsgabe fehlt, sowie der durch seinen Cockney-Akzent und seine kräftigen Hände, flache Stirn und Stumpfheit von Hinterkopf und Nacken eindeutig als Angehöriger der Unterklasse erkenntliche Smith, der bald darauf verschwindet.

Während sich die Gruppe organisiert, den fiebernden Mr. Thomson und die fußverletzte Jessie zu Bett bringt, Lydia die Krankenpflege, Küche und Weihnachtsvorbereitungen übernimmt und David penibel Buch führt über die an den Hausherrn zu erstattenden Kosten, kombiniert Mr. Maltby messerscharf, legt Indiz zu Indiz und fahndet nach Beweisstücken. Doch erst als zwei verspätete Neuankömmlinge endlich die Geschichte des Hauses und ihrer Bewohner enthüllen, kommt Licht ins Dunkel.

Joseph Jefferson Farjeon (1883 – 1955) hatte schon zahlreiche Krimis veröffentlicht, als Mystery in White 1937 erstmals erschien. Dem Verlag Klett-Cotta ist es zu verdanken, dass die mörderische Weihnachtsgeschichte, die sich fast wie ein Kammerspiel liest, nun erstmals auf Deutsch vorliegt. Die wunderschön gestaltete flexible Leinenausgabe mit dem Lesebändchen liegt angenehm in der Hand und passt so genau zur Atmosphäre und zum herrlich klassisch-britischen Stil des Büchleins, dass schon alleine das Betrachten und Anfassen ein Genuss ist, von der Lektüre ganz zu schweigen.

Joseph Jefferson Farjeon: Geheimnis in Weiß. Klett-Cotta 2016
www.klett-cotta.de

Katherine Boo: Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben

Ein Grenzgänger zwischen Roman und Reportage

Katherine Boo, amerikanische Journalistin und Pulitzer-Preisträgerin, hat für ihr zwischen Reportage und Roman angesiedeltes Buch Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben drei Jahre im Mumbaier Slum Annawadi recherchiert. Das Elendsviertel, direkt neben dem Mumbaier Flughafen gelegen, entstand ursprünglich während dessen Bau und gehört zu den kleineren seiner Art.

Anhand von real existierenden Personen und Geschehnissen stellt Kathrine Boo die großen Probleme Indiens dar: die extrem ungleiche Verteilung des Wohlstands, die an der unmittelbaren Nachbarschaft von Slum und Luxushotels eindrucksvoll deutlich wird, die allgegenwärtige Korruption, die fehlende Solidarität unter den Slumbewohnern und die Auswirkungen der Globalisierung bis hinunter zu den Müllsammlern. Trotzdem liest sich das Buch viel mehr wie ein Roman als wie ein Sachbuch.

2012 wurde Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben von der New York Times unter die zehn besten Bücher des Jahren gewählt, und da sich seitdem leider nichts zum besseren verändert hat, ist es nach wie vor empfehlenswert. Ich habe vor allem daraus gelernt, wie Weltpolitik ganz unten ankommt.

Katherine Boo: Annawadi oder der Traum von einem anderen Leben. Droemer 2012
www.droemer-knaur.de

Rosamund Lupton: Lautlose Nacht

Ein Hörerlebnis mit unterschiedlichen Seiten

Ich bin bei der Bewertung dieses Hörbuchs zu Lautlose Nacht von Rosamund Lupton sehr zweigespalten. Einerseits habe ich nicht unerhebliche Kritikpunkte, andererseits hat es mich doch auch gut unterhalten, so dass ich die Drei-Sterne-Bewertung keineswegs als ein Abraten verstanden wissen möchte. Lediglich sollte man vorher wissen, worauf man sich gefasst machen muss.

Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt, einmal als Ich-Erzählung im Präsens von der zehnjährigen, durch ihre Taubheit weit über ihr Alter reife Ruby und einmal durch ihre Mutter Yasmin in personaler Erzählweise und in der Vergangenheit. Die beiden sind auf dem Weg von England nach Alaska, um Matt, Yasmins Mann und Rubys Vater, zu besuchen, der dort als Tierfilmer in der arktischen Tundra arbeitet. Als sie in Fairbanks landen, teilt man ihnen mit, dass Matts Dorf Anaktue durch eine Brandkatastrophe vollkommen zerstört wurde und alle Einwohner ums Leben gekommen sind. Da man Matts Ehering und sein Handy gefunden hat, geht die Polizei davon aus, dass er die 24. Leiche neben den 23 toten Dorfbewohnern ist.

Yasmin, die sich zuletzt im Streit mit Matt wegen einer Frau aus Anaktue befunden hat, glaubt von Anfang an unerschütterlich nicht an Matts Tod, genau wie Ruby. Beide sind überzeugt, dass er während des Feuers nicht im Dorf war. Zusammen brechen sie zu einer absolut halsbrecherischen Tour Richtung Norden auf, um die abgebrochene Suche der Polizei wiederaufzunehmen, in deren Folge Yasmin nicht nur einen Sattelzug stehlen und fahren, sondern auch einen Polarsturm, die Verfolgung durch einen Unbekannten in einem Tanklastzug und das Einbrechen ins Eis überstehen muss.

Mein Hauptkritikpunkt an dieser Geschichte ist die für mich enorme Unglaubwürdigkeit, die im Laufe der Handlung immer mehr zunimmt. Die Beschreibung, wie Mutter und Tochter den Naturgewalten und anderen Bedrohungen trotzen, war mir einfach zu unrealistisch.

Andererseits fand ich die Schilderungen der Natur, den umweltpolitischen Hintergrund des Romans und vor allem alles, was mit Rubys Taubheit zu tun hatte, ausgesprochen interessant. Die Auseinandersetzungen zwischen Yasmin und Matt über den richtigen Umgang damit und den besten Weg für die Tochter, mit der Behinderung in einer Welt von Hörenden zurechtzukommen, sowie die Strategien von Ruby waren für mich der stärkste Teil des Hörbuchs und werden mir in Erinnerung bleiben.

Tanja Geke liest die sechs CDs mit angenehmer Stimme und ohne allzu viel Schauspielerei sehr unaufgeregt-ruhig und so, dass die Erzählperspektive zu jeder Zeit klar ist.

Rosamund Lupton: Lautlose Nacht. argon hörbuch 2016
www.argon-verlag.de

Gesine Schulz: Eine Tüte grüner Wind

Denkste!

Wie traurig, wenn ein Scheidungskind in den Ferien „untergebracht“ werden muss, weil beide Eltern andere Pläne haben. Genauso ergeht es der zehnjährigen Lucy, deren Mutter Urlaub mit dem neuen Freund und der Vater mit seiner zweiten Familie machen will. Lucy soll eine ihr unbekannte Tante in Irland besuchen, die in der Familie als verrückt und als schwarzes Schaf gilt, Widerstand zwecklos. Doch ganz überraschend wird der Urlaub dann doch klasse, denn Tante Paula zeigt viel Verständnis und Einfühlungsvermögen und Lucy findet nicht nur neue Freunde, sondern verliebt sich wider Erwarten auch in die grüne Insel.

Eine Tüte grüner Wind erschien erstmals 2002 und ist das Kinderbuchdebüt von Gesine Schulz, eine ruhige Geschichte, sehr einfühlsam geschrieben und mit schönen Beschreibungen Irlands. Lucy war mir spontan genauso sympathisch wie das sommersprossige Mädchen auf dem Cover, und bin mir sicher, dass kleine Leserinnen ab ca. neun Jahre sich gut mit ihr identifizieren können.

Gesine Schulz: Eine Tüte grüner Wind. Carlsen 2005
www.carlsen.de