Leider ein sehr plattes, langatmiges Hörerlebnis
Nachdem gerade der dritte Teil von Ken Folletts berühmter Historienserie um die Stadt Kingsbridge erschienen ist, wollte ich den ersten Band, Die Säulen der Erde, endlich wenigstens in der Hörfassung kennenlernen. Historische Romane sind eigentlich nicht mein Genre, den ebenfalls im Mittelalter angesiedelten historischen Roman/Krimi Der Name der Rose von Umberto Eco war für mich aber sehr unterhaltsam, spannend und informativ – ganz im Gegensatz zu dieser Historiensoap, die ich als langatmig, absolut platt, vorhersehbar, kitschig und klischeehaft empfunden habe. Sicher war es nur die auf 12 CDs und 825 Minuten gekürzte, bearbeitete Lesung und nicht das über 1000 Seiten umfassende Buch, aber wie man diesen mageren Stoff noch mehr aufblähen kann, ist mir absolut schleierhaft.
Die Handlung spielt in den Jahren 1135 bis 1174 in einem durch Thronfolgestreitigkeiten erschütterten England. Dreh- und Angelpunkt ist der Bau einer Kathedrale in der fiktiven englischen Stadt Kingsbridge. Eine Gruppe sehr guter Menschen um den Prior Philip möchte als Zeichen für den Frieden eine Kathedrale errichten, eine Gruppe von abgrundtiefen Schurken versucht das mit allen möglichen Intrigen zur verhindern. Damit ist der Inhalt bereits in großen Teilen zusammengefasst. Angereichert wird die Handlung durch diverse Liebesgeschichten, alle möglichen Klischees über das Mittelalter und eine unfassbare Häufung von Zufällen. Was mich jedoch besonders gestört hat, waren einerseits die Polarisierung in Schwarz und Weiß ohne alle Grautöne und ohne eine spürbare Entwicklung der Charaktere, die sexualisierte Beschreibung von Frauen, die Gewaltdarstellungen und die einfache, monotone Sprache, wobei ich nicht beurteilen kann, welchen Anteil daran die Übersetzung bzw. die Bearbeitung hat. Die Dialoge und die z. T. recht emanzipierten Frauen wirkten auf mich eher zeitgenössisch als mittelalterlich. Auch ist die Kathedrale nie vor meinen Augen entstanden.
Der Sprecher, Joachim Kerzel, liest den Text solide, aber emotionslos, und versucht nicht, den verschiedenen Protagonisten durch Modulation der Stimme ein Eigenleben zu geben. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er sich beim Vorlesen genauso gelangweilt hat wie ich beim Zuhören, aber das mag eine Überinterpretation sein.
Ken Follett: Die Säulen der Erde. Lübbe Audio 1997
www.luebbe.de/luebbe-audio