Fred Vargas: Die dritte Jungfrau

Mehr als nur ein spannender Krimi

Die Krimizutaten zu Die dritte Jungfrau der französischen Krimiautorin Fred Vargas sind, wie nicht anders erwartet, skurril wie immer: Zwei junge Obdachlose wurden ermordet, die Gräber von zwei angeblich verunglückten Jungfrauen gewaltsam aufgebrochen, Reliquienknochen gestohlen, zwei Hirsche sowie ein Kater rituell umgebracht und eine Serienmörderin ist aus dem Gefängnis entkommen.

Wie Vargas daraus eine Handlung mit gekonnt gelegten falschen Fährten und temporeichem Plot komponiert, ist wirklich meisterhaft.
Doch wie immer in ihren Krimis stehen nicht nur die teilweise verstörenden Straftaten im Mittelpunkt, sondern auch die originellen, oft stark überzeichneten Charaktere der Ermittler um Kommissar Adamsberg und aller Beteiligter. Und genau hierin wächst Vargas meiner Ansicht nach mit jedem Buch. Allein die Stammtischgespräche einer Männerrunde in der Normandie, wo die Brigade dieses Mal ermittelt, sind die Lektüre dieses Buches wert.

Adamsberg, der große Schweiger und Träumer, der Mann mit dem ausgeprägten Bauchgefühl, der einst aus einem Dorf in den Pyrenäen nach Paris gekommen ist, schlägt sich neben seinen  komplizierten Ermittlungen noch mit einer spukenden
Nonne in seinem jüngst erworbenen Häuschen, einem neuen Kollegen, mit dem ihn ein dunkles Kindheitserlebnis verbindet, und mit den Annäherungsversuchen an seine Dauerliebe Camille herum. Genug Stoff also für 474 aufregende Seiten, die für alte Adamsberg-Fans genauso spannend sein dürften wie für alle, die mit diesem Band in die Serie einsteigen möchten.

Fred Vargas: Die dritte Jungfrau. Aufbau 2007
www.aufbau-verlag.de

Fred Vargas: Der vierzehnte Stein

Vom Jäger zum Gejagten

Kommissar Adamsberg, Chef einer Pariser Mordbrigade und Ermittler mit ungewöhnlichen Methoden, trägt seit 30 Jahren einen ungelösten Fall mit sich herum. Immer wieder geschehen in ganz Frankreich Morde an Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts, die aufgrund der Verletzungen offensichtlich mit einem Dreizack ausgeführt wurden. Jedes Mal wurde ein Täter festgenommen, der für die Tatzeit Gedächtnislücken aufwies, einer davon Adamsberg Bruder.

Doch der Kommissar glaubt nicht an die Einzeltäter, er verdächtigt den angesehenen Richter Fulgence der Serientäterschaft, konnte ihm jedoch nie etwas nachweisen. Mittlerweile ist der Richter seit 16 Jahren tot, trotzdem ereignet sich im Elsaß ein Mord nach dem selben Muster. Adamsberg nimmt die Fährte wieder auf, muss dann jedoch mit seinen Kollegen zu einem DNA-Lehrgang nach Quebec. Als dort eine junge Frau ebenfalls mit einem Dreizack ermordet wird, ist Adamsberg selber der Verdächtige, der sich an nichts erinnern kann…

Der vierzehnte Stein ist unglaublich spannend wie alle Krimis der Französin Fred Vargas, hat brilliante Dialoge voller hintergründigem Witz und ist auch ohne die Kenntnis der vorausgehenden Bände problemlos zu verstehen, doch bedarf es auch für diesen Band einen Sinn für Skurrilität.

Als Nebenaspekt fand ich die Schilderung der sprachlichen und kulturellen Unterschiede zwischen Frankreich und Franko-Kanada äußerst vergnüglich und interessant.

Fred Vargas: Der vierzehnte Stein. Aufbau 2006
www.aufbau-verlag.de

Fred Vargas: Fliehe weit und schnell

Der schwarze Tod?

Der ehemalige bretonische Fischer Joss Le Guern hat in Paris das uralte Handwerk seiner Vorfahren wieder aufgenommen: Er ist „Ausrufer“. Zweimal täglich verliest er in der Nähe des Gare Montparnasse auf einer Kiste stehend Nachrichten, die die Leute zusammen mit fünf Francs in seine Urne geworfen haben. Eines Tages tauchen Mitteilungen auf, die er nicht versteht, abgefasst in altem Französisch oder in Latein, versehen mit größeren Geldbeträgen. Erst nach einem Monat wird klar, dass ein Unbekannter mit diesen Texten das Nahen der Pest ankündigt.

Gleichzeitig werden überall in Paris in Mehrfamilienhäusern Wohnungstüren mit einer spiegelverkehrten Vier gekennzeichnet – alle bis auf jeweils eine. Und hinter den nicht markierten Türen findet die Polizei Tote, die von Flohbissen übersät und schwarz sind.

Kommissar Jean-Baptiste Adamsberg, der neue Chef der Pariser Strafverfolgungsbrigade, Referat Delikte am Menschen, kämpft nicht nur gegen einen offensichtlich Verrückten, sondern auch gegen die immer hysterischer werdende Presse und die verunsicherte Bevölkerung…

Fred Vargas, französische Archäologin, die für ihre Krimis bereits mehrfach ausgezeichnet wurde, beherrscht vor allem die Schilderung von Personen und Orten meisterhaft. Ihre Krimis sind von höchster Spannung, allerdings muss man einen Hang zum Skurrilen haben, um sie uneingeschränkt zu mögen.

Fred Vargas: Fliehe weit und schnell. Aufbau 2004
www.aufbau-verlag.de

Sarah Mlynowski: Murks-Magie – Das verflixte Klassen-Schlamassel

Was ist schon normal?

Um nach der Grundschule in die Genie-Akademie für Zauberer aufgenommen zu werden, muss Nory eine Aufnahmeprüfung machen. Ihr Vater ist dort Schulleiter, ihre Geschwister gehen dorthin, aber Norys Magie macht leider immer Murks. Wenn sie sich in ein Tier verwandeln soll, schafft sie nie ein normales Tier, sondern stattdessen Mischformen wie „Batze“ (Biber-Katze), „Stinkefant“ (Stinktier-Elefant) oder „Tintenhund“ (Tintenfisch-Hund), verliert dann die Kontrolle und richtet regelmäßig ein Riesenschlamassel an.

Wie nicht anders zu erwarten, besteht sie die Prüfung nicht, muss stattdessen zu ihrer Tante ziehen und dort die Spezialklasse für Murks-Magier der Dunwiddle-Zauberschule besuchen. Ihre Lehrerin, Frau Starr, verbittet sich das Wort „vermurkst“, sie spricht lieber von „Zick-Zack-Magie“, fordert die Kinder zur Akzeptanz ihrer Fähigkeiten auf und hasst das Wort „normal“ – wo doch Nory und ihr neuer Freund Elliott genau das so gerne wären…

Dieses Kinderbuch der drei Autorinnen Sarah Mlynowski, Emily Jenkins und Lauren Myracle ist nicht nur sehr vergnüglich und sprüht vor Ideen, es fordert geradezu dazu auf, Abweichungen von der Norm anzunehmen und zu tolerieren und Vorurteile aufzugeben. Daneben ist es eine schöne Freundschaftsgeschichte und zeigt, wie wichtig der Zusammenhalt in einer Gruppe ist. Weniger gelungen finde ich allerdings die Figur des Vater und die Geschwister, die Nory wegschicken bzw. dies hinnehmen – ein schweres Schicksal für eine Zehnjährige, auch wenn sie bei der Tante gut aufgenommen wird.

Ein vielversprechender Auftakt einer neuen Reihe ab ca. acht Jahren, die unabhängig von der Gestaltung des Covers inhaltlich durchaus auch für Jungs zu empfehlen ist.

Sarah Mlynowski: Murks-Magie – Das verflixte Klassen-Schlamassel. Fischer KJB 2016
www.fischerverlage.de

Jeannette Walls: Schloss aus Glas

Die Geschichte einer unglaublichen Kindheit

Wie wachsen Kinder auf, wenn die Eltern bewusst jede Form der sozialen Anpassung verweigern? Wenn aus ideologischen Gründen keine Sozialhilfe beantragt wird, obwohl man weit unter dem Existenzminimum lebt?

Die New Yorker Journalisten Jeannette Walls erzählt in Schloss aus Glas in knappem, klarem Stil und ohne Sentimentalität die Geschichte ihrer unglaublichen Kindheit. Beide Eltern sind geprägt durch ihre hochgradige Ich-Bezogenheit. Der Vater, Alkoholiker wie schon seine Eltern, ist ein begabter Tüftler, ein Träumer und Geschichtenerzähler, der zu keiner geregelten Arbeit fähig ist. Die Mutter, ausgebildete Lehrerin und aus gutbürgerlicher, wohlhabender Familie, arbeitet nur im höchsten Notfall und gibt sich lieber ihren Künstlerallüren hin. Die sechsköpfige Familie vagabundiert auf der Flucht vor Gläubigern durch die USA, Ortswechsel vollziehen sich in der Regel innerhalb weniger Stunden. Heruntergekommene Unterkünfte ohne Sanitäreinrichtungen, Heizung und Strom sowie Ungeziefer, Schmutz, Hunger, Nahrungssuche in Mülltonnen und zerlumpte Kleidung sind ihr Alltag. Nur für geistige Anregungen ist gesorgt: Früh bringen die Eltern ihren Kindern das Lesen bei, der Vater rechnet mit ihnen im Binärsystem und erklärt ihnen die Natur. In der Schule fallen sie durch ihre Intelligenz auf.

Je untragbarer die Situation in der Familie wird, desto größer wird der Zusammenhalt der Kinder untereinander und desto zielstrebiger werden sie. Noch bevor sie die Schule beendet haben, gehen sie eins nach dem anderen nach New York. Während die Eltern schließlich vollends in der Gosse landen, bauen sie sich selbständig ein eigenes, erfolgreiches Leben auf.

Schloss aus Glas ist eines der fesselndsten Bücher, das ich in den letzten Jahren gelesen habe. Die beeindruckende, sehr sachliche und unsentimentale geschriebene Buch hat mich gepackt wie ein Krimi und lässt mich auch nach der letzten Seite nicht los. Dass es stilistisch nicht besonders gut ist, hat mich in diesem Fall ausnahmsweise weniger gestört.

Jeannette Walls: Schloss aus Glas. Hoffmann und Campe 2005
www.hoffmann-und-campe.de

Marcel Theroux: Wer war Patrick March?

Wer bin ich?

Damien March ist Nachtschichtreporter bei der BBC in London und verrichtet seine Arbeit längst nur noch routinemäßig und ohne Ehrgeiz. Da reißt ihn ein Telegramm mit der Nachricht vom Tod seines Onkels Patrick aus dem Alltagstrott. Der Schock ist deshalb so groß, weil er geglaubt hatte, sein Onkel wäre schon längst gestorben.

Als Damien auch noch erfährt, dass er der Erbe von Patricks Haus auf der Insel Ionia vor der Küste von Cape Cod ist, kündigt er kurzentschlossen seinen Job und zieht in die USA. Der Aufenthalt in Patricks Haus, in dem er laut Testament nichts verändern darf, wird für ihn zur Reise in die familiäre Vergangenheit. Als er ein unveröffentlichtes Manuskript seines Onkels mit dem Titel „Die Bekenntnisse des Mycroft Holmes“ entdeckt, glaubt er, den Schlüssel zum bewegten Laben seines Onkels gefunden zu haben. Doch dann nimmt alles eine überraschende Wende und Damien findet nicht nur eine Antwort auf die Frage „Wer war Patrick March?“, sondern auch auf die Frage „Wer bin ich?“.

Eine unterhaltsame, manchmal von Komik durchzogene Familiengeschichte.

Marcel Theroux: Wer war Patrick March? C.H. Beck 2002
www.chbeck.de

Lars Mytting: Die Birken wissen’s noch

Schweres Gepäck

Nicht nur der Titel, auch die Struktur und Farbgebung des wunderbaren Umschlags dieses Buches weisen auf den Protagonisten, das Leitmotiv des Romans hin: Holz. Auch wenn vordergründig der junge Edvard Hirifjell im Mittelpunkt steht, so dreht sich doch über 500 Seiten lang alles mehr oder weniger um Bäume, Holz und alles, was man daraus anfertigen kann.

Edvard wuchs auf dem Hof der Großeltern im norwegischen Guldbranstal auf, nachdem seine französische Mutter und sein norwegischer Vater auf einer Urlaubsreise in Frankreich zu Tode gekommen waren, als er drei Jahre alt war. „Schweres Gepäck“ für einen Heranwachsenden, zumal er als Grundschüler in einem Jahrbuch des Unglücksjahres 1971 entdeckt, dass sie auf einem eingezäunten Schlachtfeld aus dem Ersten Weltkrieg an der
Somme durch Kampfgas gestorben sind und er bei dieser Reise dabei war.

Doch die Frage, warum die Eltern ihn auf eine so gefährliche Fahrt mitgenommen haben, ist nicht das einzige Rätsel. Nach dem Tod des Großvaters taucht ein seit Jahren beim örtlichen Bestattungsunternehmer einlagernder, kunstvoll gearbeiteter Sarg auf, von dem niemand wusste, und der mutmaßlich vom Bruder des Großvater, dem begnadeten Möbelschreiner Einar stammt. Der Großvater redete nicht gerne über ihn, es herrschte Unfrieden zwischen dem Älteren, der vor dem Krieg zur Vervollkommnung seiner Tischlerfähigkeiten nach Frankreich gegangen war und im Krieg auf Seiten der Résistance stand, dabei angeblich 1944 fiel, und dem Jüngeren, der auf dem Hof blieb und für die Wehrmacht kämpfte.

Nach der Bestattung des Großvaters lassen Edvard die Familiengeheimnisse keine Ruhe mehr. Wie bei einem Mosaik sammelt er Stein für Stein und setzt nach und nach alles zu einem Bild zusammen. Er, der kaum je den Hirifjell-Hof verlassen hat, macht sich auf die Reise nach den Shetland-Inseln und dann nach Frankreich, um dem Geheimnis seiner Familie, des einarmigen Holzbarons und der sagenhaften Walnussbäume von der Somme auf die Spur zu kommen.

Der Roman besticht vor allem durch die Beschreibungen der Natur, egal ob es sich ums Holz, Kartoffelsorten, das Meer oder Stürme auf den Shetland-Inseln handelt. Gut gefallen hat mir auch die Entwicklung von Edvard, der nicht nur die Familiengeheimnisse aufklärt, sondern auch verändert nach Norwegen zurückkehrt. Gestört haben mich dagegen die für meinen Geschmack zu gehäuft auftretenden Zufälle und die Figur der Gwendolyn, die auf den Shetland-Inseln seit Jahren auf ihn gewartet hat, und zugleich Rivalin und Geliebte für ihn wird.

Trotz dieser Einschränkung habe ich die Lektüre genossen und empfehle das Buch allen, die tief in ein packendes Familiendrama und die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts eintauchen möchten.

Lars Mytting: Die Birken wissen’s noch. Insel 2016
www.suhrkamp.de

Jakob Wassermann: Der Fall Maurizius

Viel mehr als ein Kriminalroman

Jakob Wassermann (1873 – 1934) war mit Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal und Arthur Schnitzler befreundet und zu Lebzeiten, in den 1920er-Jahren, einer der meistgelesenen Autoren in Deutschland.

Der Fall Maurizius war sein letzter Roman und kreist um das Thema, das Wassermann zeitlebens beschäftigt hat: Gerechtigkeit. Vorlage für das Buch war ein Justizirrtum aus dem Jahr 1906.

1928. Der Oberstaatsanwalt Wolf Frhr. von Andergast ist beruflich wie privat hart und gefürchtet. Da er die Mutter seines 16-jährigen Sohnes Etzel wegen eines Fehltritts verstoßen hat, lebt er mit ihm alleine. Der Kontakt zwischen Mutter und Sohn ist seit zehn Jahren untersagt.

Grundstein für Andergasts Karriere war ein Indizienprozess vor knapp 20 Jahren, bei dem der Kunsthändler Leonhart Maurizius wegen Mordes an seiner 15 Jahre älteren Frau zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Etzel glaubt an ein Fehlurteil und möchte den Fall Maurizius neu aufnehmen. Dazu flieht er nach Berlin, um den Hauptbelastungszeugen, den Juden Gregor Waremme, aufzuspüren…

Dieser fesselnde Roman ist vieles in einem: spannender Kriminalroman, psychologischer Entwicklungsroman, ein Vater-Sohn-Drama und ein Porträt der Gesellschaft in der Weimarer Republik mit einer Anklage gegen die Zustände in den Zuchthäusern und gegen eine unmenschliche Justiz.

Die Hörspielfassung auf 4 CDs umfasst 300 Minuten. Die Produktion des WDR ist ausgesprochen empfehlenswert, da sowohl die Bearbeitung und Regie von Gert Westphal als auch die Sprecher Wilhelm Borchert, Siegfried Wischnewski und Kurt Horwitz herausragen.

Jakob Wassermann: Der Fall Maurizius. LangenMüller 2004
www.herbig.net

Christina Bacher: Die Fahrradleiche

Ein Kinderkrimi – natürlich ohne Leiche!

Wladimir ist neu aus Tadschikistan ins Kölner Agnesviertel  gekommen. Noch bevor er sich eingewöhnen kann, gerät er bereits unter Verdacht, an Fahrraddiebstählen beteiligt zu sein. Glücklicherweise erhält er Unterstützung von Sema, Kevin und Laura und gemeinsam mit dem verschrobenen Straßenkehrer Bolle beginnen die Kinder, auf eigene Faust zu ermitteln, was Kommissar Sieberbeck wiederum gar nicht passt…

Der erste Teil der Kinderkrimireihe Bolle und die Bolzplatzbande bietet viel Spannung und multikulturelles Zusammenleben, aber natürlich keine Leiche. Ganz nebenbei kann das Buch dabei helfen, Vorurteile gegen kulturelle Minderheiten bei Lesern ab ca. neun Jahren auszuräumen.

Christina Bacher: Die Fahrradleiche. Bloomsbury 2008
www.piper.de/berlin-verlag

Petra Busch: Schweig still, mein Kind

Mord im Schwarzwalddorf

Die Autorin Petra Busch lebt in Baden, ist promovierte Mediävistin und Schweig still, mein Kind war ihr erster Krimi, wurde 2010 mit dem renommierten Friedrich-Glauser-Preis für das bestes Krimi-Debüt ausgezeichnet und ist zugleich der Beginn der Reihe um den Freiburger Kriminalhauptkommissar Moritz Ehrlinspiel.

Ehrlinspiel ermittelt in diesem ersten Fall nicht in Freiburg, sondern in einem Schwarzwalddorf in der Nähe. Dort ist die Journalistin mit Karriereknick Hanna Brock in der Rabenschlucht auf die Leiche einer erschlagenen jungen Frau gestoßen, der man ihr ungeborenes Kind aus dem Leib geschnitten hat.

Schnell ermittelt Ehrlinspiel, dass es sich um die Bauerntochter Elisabeth Sommer handelt, die vor zehn Jahren spurlos verschwunden ist und nun zum 60. Geburtstag ihres Vaters erstmals zurückgekehrt ist.

Obwohl das Thema nicht unbedingt neu ist, ist es doch sehr spannend und innovativ umgesetzt. Die Charaktere sind vertieft dargestellt, der sympathische Kommissar ist ein zufriedener und humorvoller Mensch, der ein ambivalentes Verhältnis zur Journalistin aufbaut, geprägt einerseits von Wut über ihre Einmischung, andererseits von Bewunderung für ihr Einfühlungsvermögen. Herausragend ist die Darstellung von Bruno, dem autistischen Bruder der Toten, aus dessen Sicht einige Kapitel geschrieben sind, und der für die Dörfler der Hauptverdächtige ist. Überhaupt ist die Schilderung der Dorfbewohner, ihres Volksglaubens und ihrer sorgsam gehüteten Geheimnisse gut gelungen.

Ein packender Psychokrimi mit einem Showdown in der Rabenschlucht und einer ebenso überraschenden wie logischen Auflösung.

Petra Busch: Schweig still, mein Kind. Knaur 2010
www.droemer-knaur.de