Eine Reise in die pubertäre Vergangenheit
Kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs befindet sich Mihály, ein Mann Mitte 30, mit seiner Frau Erzsi auf Hochzeitsreise durch Italien. Sie hat seinetwegen ihren Mann, der sie glühend liebt, verlassen. Während Mihály, der nach seinem Studium der Religionswissenschaften nicht ganz freiwillig in das Budapester Familienunternehmen eingestiegen ist, mit ihr seine Konformität bestätigen will, sucht Erzsi in Mihály eben das Unangepasste.
Zu Beginn ihrer Reise in Venedig scheint noch alles gut zu laufen, doch dann treffen sie in Ravenna János Szeptneki, einen ehemaligen Klassenkameraden Mihálys, den er nie besonders schätzte. Mit ihm kommt die Erinnerung an die Jugend zurück, vor allem an die Freundschaft mit dem aus so anderen Verhältnissen entstammenden Tamás Ulpius und dessen exaltierter Schwester Éva. Die Erinnerung an die Jugend und an alles, was hätte sein können, kehrt mit solcher Macht zurück, dass Mihály – absichtlich oder unabsichtlich – in Terontola in den falschen Zug steigt und die Reise ohne Erzsi fortsetzt. Die Schatten der Vergangenheit lassen ihn nun nicht mehr los.
An der Stimme von Heikko Deutschmann, der die im Text durchaus vorhandene Ironie bei der gekürzten Lesung auf fünf CDs in 398 Minuten sehr gut zur Geltung bringt, hat es nicht gelegen, dass dieser ungarische Klassiker von Antal Szerb (1901 – 1945) aus dem Jahr 1937 mich nicht mitreißen konnte. Vielmehr waren es die Voraussehbarkeit der Handlung, der sehr konstruierte Romanaufbau mit den sich aneinanderreihenden Zufällen, die wie mit der Schablone gezeichneten Personen und der mir unsympathische Protagonist, die mir das Zuhören etwas verleidet haben. Selbstmitleid, andauernde Nabelschau und Ich-Bezogenheit liegen mir weder bei realen Menschen noch bei Romanfiguren. Auch die morbide Todessehnsucht, die über dem Roman liegt, ist nicht nach meinem Geschmack. Sehr interessant war dagegen die beschriebene Reise durch Italien, die mich für den Rest teilweise entschädigt hat.
Antal Szerb: Reise im Mondlicht. Gelesen von Heikko Deutschmann. Hörbuch Hamburg 2004
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