Alex Capus: Königskinder

Beharrlichkeit und Beständigkeit

Eine Nacht eingeschneit im Auto auf dem Jaunpass, weil man wie Tina und Max aus purem Übermut die Absperrung einfach umfahren hat, ist eigentlich keine angenehme Vorstellung. Trotzdem hätte ich beim Lesen gerne mit Tina getauscht, denn Max ist ein so begnadeter Geschichtenerzähler, dass mir beim Zuhören auch bei 12 Grad Innentemperatur warm ums Herz geworden wäre.

Was er Tina erzählt, um die Zeit bis zur Rettung zu verkürzen und keine Panik aufkommen zu lassen, ist belegt, soweit es um die äußeren Daten und den groben Ablauf der Handlung geht. Alex Capus hat sie in Schweizer Archiven und sogar in Versailles recherchiert, wo sie in den Briefen und Tagebüchern einiger Adeliger Spuren hinterlassen hat. Helden dieser Erzählung sind der arme Kuhhirte Jakob Boschung und Marie-Françoise Magnin, Tochter eines reichen Bauern, aus dem Greyerzerland. Ihrer Liebe steht zehn Jahre lang Maries Vater im Weg, doch ihrem geduldigen Beharren und ihrer unerschütterlichen Beständigkeit muss auch dieser „ungehobelte Grobian“ schließlich nachgeben. Freilich braucht es dafür den Einsatz einer wahrhaftigen Prinzessin, der Schwester Ludwigs des XVI., in deren Diensten Jakob 1789 kurz vor dem Ausbruch der Französischen Revolution als Kuhhirte stand. Während die Welt aus den Fugen geriet, revoltierende Bauern die Schlösser und Klöster niederbrannten, in Paris hungernde Kleinbürger die Waffenarsenale der Polizei plünderten und Versailles sich langsam entvölkerte, konnten Jakob und Marie am 26.05.1789 auf dem Puppenstuben-Bauernhof der Prinzessin endlich heiraten.

Nun könnte man befürchten, die märchenhaft anmutende Geschichte wäre gar zu kitschig. Diese Klippe umschifft Alex Capus gekonnt durch die kritischen Kommentare und Zwischenfragen Tinas, die immer genau zum richtigen Zeitpunkt kommen. Außerdem verhindert der leichte, humorvolle und dichte Erzählstil, der die romantischen Details nicht unnötig vertieft, dass man nicht zu sehr ins Schwelgen gerät. Mit den Schlussworten „Na also… Geht doch.“ überlässt uns Alex Capus dann unserer Fantasie und unseren Träumen sowohl bezüglich Tina und Max als auch Jakob und Marie.

Der kleine, knapp 200 Seiten umfassende Roman Königskinder ist keine tiefschürfende Auseinandersetzung mit den Problemen unserer Zeit, sondern ein warmherziges, optimistisches Buch, wie ich es von Zeit zu Zeit unbedingt brauche und sehr gerne verschenke.

Alex Capus: Königskinder. Hanser 2018
www.hanser.de

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