Cornelia Funke: Drachenreiter

Die märchenhaft-abenteuerliche Reise zum Saum des Himmels

Neben Herr der Diebe ist der 1997 erschienene Drachenreiter mein Favorit im umfangreichen Werk von Cornelia Funke, obwohl ich sonst eher keine Fantasyleserin bin. Mag sein, dass es daran liegt, dass der Roman so märchenhafte Anklänge hat, dass die vielen Arten von Fabeltieren so ausgeprägte Charaktere haben und meist sehr sympathisch sind, und dass Cornelia Funke völlig auf gewalttätige Szenen verzichtet.

Eher nicht so sympathisch dargestellt werden – mit wenigen Ausnahmen – die Menschen, die der Welt der Fabelwesen ignorant gegenüberstehen und keinen Respekt vor der Natur zeigen. Da sie in ihrem Bestreben, sich die ganze Welt untertan zu machen, das Tal in Schottland, in dem sich eine Gruppe von Silberdrachen versteckt hält, fluten möchten, müssen diese eine neue Heimat suchen. der alte Drachen Schieferbart erzählt seiner Gruppe vom sagenhaften „Saum des Himmels“, einem Drachenparadies, wo noch Artgenossen leben sollen, doch nur der junge Silberdrache Lung bringt den Mut auf, sich auf die Suche nach diesem Ort zu machen. Zusammen mit seinem schnippischen Koboldmädchen Schwefelfell und der Landkarte der Ratte Gilbert Grauschwanz macht er sich auf den Weg. Ben, ein elfjähriger Waisenjunge, wird zu Lungs Drachenreiter. Nach und nach erfahren die drei Reisenden zu ihrer Überraschung, dass nicht nur die Menschen sie bedrohen. Noch gefährlicher ist Nesselbrand, der Goldene, ein von einem Alchimisten vor langer Zeit erschaffener Drachenjäger, der der Grund dafür ist, warum sich die Drachen einst an den Saum des Himmels zurückgezogen haben. Mit dem letzten Homunkulus namens Fliegenbein ist es dem schrecklichen Nesselbrand nun gelungen, einen Spion direkt bei Lung und seinen Freunden zu platzieren, mit dessen Hilfe er endlich den Saum des Himmels finden will.

Wie es Lung, seinen Begleitern und ihren zahllosen Unterstützern aus der Fabel-, Tier- und Menschenwelt schließlich gelingt, den Saum des Himmels im Himalaja zu finden und die schottischen Silberdrachen dorthin zu führen, erzählt Cornelia Funke in gut verständlicher Sprache in ihrem wunderbar mit Schwarz-Weiß-Tuschezeichnungen illustrierten Kinderbuch. Auch Jugendliche und sogar Erwachsene werden sich der Spannung und der Faszination der von Cornelia Funke entworfenen Welt nicht entziehen können, und jeder wird über kurz oder lang seine Lieblingsfigur darin finden. Mein Favorit ist die Ratte Lola Grauschwanz, die couragierte Pilotin eines Spielzeugzeugs, die so manches Mal helfend eingreift und nie um einen Kommentar verlegen ist.

Aus den genannten Gründen halte ich Drachenreiter für ein geniales Vorlesebuch ab frühestens acht Jahren und für die ganze Familie. Einen Globus sollte man unbedingt danebenstellen, um die abenteuerliche Reise jederzeit verfolgen zu können.

Cornelia Funke: Drachenreiter. Oetinger 2014
www.oetinger.de

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