Jeffrey Archer: Kain und Abel

Zwei Männer – zwei Schicksale – eine Fehde

Am gleichen Tag des Jahres 1906 werden auf zwei Kontinenten zwei Jungen unter gänzlich verschiedenen Umständen geboren. William Lowell Kane kommt in Boston als Sohn eines reichen Bankiers und Liebling seiner Eltern und Großmütter mit dem sprichwörtlichen „goldenen Löffel“ zur Welt. Er ist ehrgeizig und zeigt bald sein Finanzgenie, indem er bereits als Jugendlicher erfolgreich mit Aktien experimentiert. Mit seinem Erfolg in Harvard und dem Einstieg in die Bank erfüllt er die Erwartungen seiner Familie. Einzige Wermutstropfen sind der frühe Tod seines Vaters beim Untergang der Titanic 1912 und die zweite Ehe seiner Mutter mit dem betrügerischen Henry Osborne, den er sich lebenslang zum Feind macht.

Abel Rosnovski, am selben Tag in Slonim in Polen geboren, wird als elternloses Findelkind von einer armen Wildhüterfamilie aufgenommen und erhält den Namen Wladek Koskiewicz. Als sich Wladeks intellektuelle Begabung früh manifestiert, holt der Baron Rosnovski ihn in sein Schloss. Zusammen mit ihm und dessen Sohn erlebt Wladek die Besetzung durch die deutsche Wehrmacht, während der die Schlossbewohner inhaftiert werden. Alleine übrig wird Wladek nach Kriegsende von den Sowjets in ein sibirisches Lager verschleppt. Eine mehr als abenteuerliche Flucht führt ihn schließlich auf einem Einwandererschiff in die USA, wo er sich unter dem Namen Abel Rosnovski seinen amerikanischen Traum erfüllt: den Aufbau der Baron-Hotelkette.

Die Wege der beiden Männer werden sich von ihrer ersten zufälligen Begegnung Anfang der 1920er-Jahre an immer wieder kreuzen und bald verbindet sie ein lebenslanger, grenzenloser Hass und der Wille, den Gegenspieler zu vernichten.

Der Brite Jeffrey Archer, geboren 1940, dessen Leben und Politkarriere selbst Stoff für einen Roman abgäben, gehört zu den Bestsellerautoren der Gegenwart, trotzdem kannte ich bisher keines seiner Bücher. Er veröffentlichte diesen ersten Teil der Kain-und-Abel-Trilogie 1979 erstmals und überarbeitete ihn 2009. In acht Zeitabschnitten wird von der Geburt der beiden Protagonisten bis zu deren Tod 1967 erzählt, von ihrem Zwist, ihren Erfolgen und ihren Niederlagen.

Obwohl ich das Geschehen manchmal zu vorhersehbar, schwarz-weiß und melodramatisch fand und die Sprache doch eher einfach ist, hat mich das Zuhören über 16 Stunden gut unterhalten. Insbesondere Abels Verschleppung nach Sibirien, seine Flucht, die Welt des amerikanischen Bankwesens und der zeitgeschichtliche Kontext waren interessant. Auch wenn das Hörbuch eine gekürzte Fassung des Romans darstellt, muss man nicht auf jedes Wort achten, vielmehr eignet es sich bestens für lange Autofahrten oder bei der Hausarbeit. Der Sprecher, Richard Barenberg, liest die beiden MP3-CDs so angenehm, dass ich ihm gerne über viele Stunden zugehört habe. Die unterschiedlichen Stimmfärbungen für verschiedene Personen bringen Farbe in den Text, lediglich die Frauenstimmen klangen mir etwas zu karikaturhaft.

Jeffrey Archer: Kain und Abel. Gelesen von Richard Barenberg. Random House Audio 2018
www.randomhouse.de

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert