Marc Elsberg: Blackout

Der Katastrophenfall 

Normalerweise will ich mit der Vergabe von „nur“ drei Sternen eher von einem Buch abraten, im vorliegenden Fall ist das etwas anders. Das Thema eines Ausfalls der europäischen, später auch außereuropäischen Stromnetze ist dermaßen fesselnd und beängstigend, dass sich eigentlich jeder einmal damit befasst haben sollte. Trotzdem konnte mich die Umsetzung des Themas nur bedingt überzeugen.

Als an einem Wintertag innerhalb einer Dreiviertelstunde fast das gesamte europäische Stromnetz zusammenbricht, glauben die Verantwortlichen mehrheitlich zunächst an eine Wiederherstellung der Versorgung innerhalb weniger Stunden. Doch die Trennung von Stromerzeugern und Netzbetreibern, die durch die Energiewende bedingte Zunahme sensibler Schnittstellen und die Vernetzung über Ländergrenzen hinweg machen die Ursachenforschung und die Behebung der Panne kompliziert. Oder handelt es sich vielleicht sogar um eine gezielte Attacke von Terroristen, Anarchisten oder eines ganzen Staates? Während das Überleben der Bevölkerung ohne Licht, Heizung, Klospülung, Trink- und Duschwasser, Benzin, Bargeld, Lebens- und Kommunikationsmittel immer dramatischer wird und nach und nach die Notstromaggregate der Krankenhäuser und AKWs ausfallen, in Spanien das Militär putscht und das Chaos auf den Straßen droht, suchen die Verantwortlichen in Brüssel, Den Haag, Berlin und in allen betroffenen Staaten fieberhaft nach der Ursache der Katastrophe und Möglichkeiten, das Überleben der Bevölkerung zu sichern. Der IT-Spezialist, Hacker und ehemalige Anti-G8-Protestierer Piero Manzano aus Mailand ist nach einer Entdeckung an seinem intelligenten Stromzähler dem Rätsel auf der Spur, doch als er sich endlich Gehör bei den Behörden verschafft, gerät er zunächst selber unter Verdacht…

Während mich das Szenario eines Angriffs auf unsere Stromnetze begeistert hat, ich viel gelernt und so manchen Denkanstoß erhalten habe, hat mich der in meinen Augen völlig überflüssige Einsatz von „Katalysatoren“ wie den ständigen Ortswechseln und die unglaubliche Odyssee Manzanos gestört. Die Geschichte über die Verwundbarkeit unserer modernen Zivilisation ist von sich aus so dramatisch, dass es dieser „gewöhnlichen“ Thrillereffekte überhaupt nicht bedurft hätte. Im Gegenteil haben sie dem für mich gut und  glaubhaften dargestellten Geschehen sogar an Authentizität genommen. 250 der 800 Seiten weniger, weniger unnötige Dramaturgie, ein Verzicht auf die Liebesgeschichte am Rande und keine Sätze wie „Manzano versank im Schmerz, fühlte, wie er kraftlos vom Stuhl glitt, in Shannons Hände“ und Blackout wäre für mich ein Fünf-Sterne-Thriller. Doch auch so bin ich froh, dieses Buch, das mit Sicherheit in Erinnerung bleiben wird, gelesen zu haben.

Marc Elsberg: Blackout. Blanvalet 2013
www.randomhouse.de

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