Saukomisch und einfach klasse
Der Einstieg in diesen dritten Tegernsee-Krimi von Andreas Föhr nach dem erschreckenden Prolog ist wahrlich rasant: Am Gründonnerstag 2010 fährt Polizeiobermeister Leonhardt Kreuthner mit 150 Stundenkilometer ein Autorennen gegen den LKW seines Kumpels vom Achensee zum Tegernsee. Pech nur, dass er dabei fast mit seinem entgegenkommenden Kollegen Kriminalhauptkommissar Clemens Wallner und dessen Freundin Vera auf dem Weg in den Urlaub kollidiert wäre. Um abzulenken, inszeniert Kreuthner eine Fahrzeugkontrolle und entdeckt im LKW des Freundes eine Leiche, die Ex-Schauspielerin und nach einem Unfall vor zwölf Jahre schwer entstellte Hanna Lohwerk. Bei einer Hausdurchsuchung des Opfers findet die eilends gegründete SoKo Fotos eines anderen Verbrechens: Am 25.12.2009 kam auf dem Anwesen des Schauspielerehepaars Katharina und Dieter Millruth über dem Schliersee die 20-jährige Tochter Leni durch einen Schrotschuss zu Tode. Der Täter wurde dank eines Geständnisses schnell ermittelt, das Gericht verurteilte ihn zu 18 Monaten auf Bewährung wegen fahrlässiger Tötung. Doch mit den Fotos stellt sich das Geschehen plötzlich in neuem Licht dar und die zeitlichen Angaben der Familie Millruth sind nicht mehr zu halten. Wer hat damals wirklich geschossen und warum?
Während die SoKo unter Leitung von Wallners Stellvertreter Mike Hanke ihre Arbeit aufnimmt, kann sich der Kontrollfreak Wallner trotz seines Urlaubs nicht aus den Ermittlungen heraushalten. Und Fragen gibt es genug: Was geschah wirklich an Weihnachten im Hause Millruth, als die Eltern, die beiden Söhne Adrian und Henry, das Nesthäkchen Leni, der Onkel Wolfgang und die neue Freundin von Henry, Jennifer Loibl, angeblich so harmonisch versammelt waren? Welche Verbindung gab es zwischen Hanna Lohwerk und der Schauspielerfamilie? Warum kommt nach vielen Jahren auf einmal das ehemalige rumänische Au-pair der Familie Millruth, Sofia Popescu, zu Besuch und verschwindet spurlos? In welchem Kontakt standen Hanna, Sofia und Jennifer? Und welche Rolle spielt Lenis rosa Plüschlamm, das sie Sofia zum Abschied geschenkt hat?
Wenn ich wieder einmal herzhaft lachen möchte, greife ich zu den Krimis von Andreas Föhr, dessen bayerischen Humor ich einfach saukomisch finde. Wenn der bei Licht betrachtet natürlich inakzeptable Kreuthner zu seinen Alleingängen startet, ermittelt, „dass es die Herrn Kriminaler schwindlig wird“, sich in unmögliche Situationen hinein- und wieder hinausmanövriert, habe ich einen Heidenspaß. Wallner dagegen ist ein ernsthaft und sorgfältig ermittelnder Polizist, sympathisch, verantwortungsbewusst im Beruf und im Privatleben gegenüber seinem Großvater Manfred und seiner Freundin Vera, auch wenn er mit seinem Kontrollbedürfnis wieder das ein oder andere Mal übers Ziel hinausschießt.
Die perfekte Mischung aus durchgehender Spannung in einem logisch aufgebauten Kriminalfall, wohldosiertem Lokalkolorit und Dialekt, derbem, teils skurrilem Humor und Wallners Privatleben ist für mich gute Unterhaltung pur.
Andreas Föhr: Karwoche. Knaur 2013
www.droemer-knaur.de