Barbara Wendelken: Nur wer die Hölle kennt

  Schwierige Rückkehr

Fast zweieinhalb Jahre hat es nach Ihr einziges Kind gedauert, bis nun endlich mit Nur wer die Hölle kennt der vierte Band der ostfriesischen Martinsfehn-Krimireihe von Barbara Wendelken erschien, aber das Warten hat sich gelohnt. Zwar lassen sich die einzelnen Teile problemlos unabhängig lesen und Neueinsteiger werden keine Verständnisschwierigkeiten haben, hinsichtlich des Privatlebens der beiden Protagonisten macht es allerdings noch mehr Spaß, wenn man die Vorgängerbände kennt.

Der vorliegende vierte Fall spielt auf zwei Zeitebenen im Abstand von 20 Jahren. 1997 kamen bei einer Brandstiftung auf einem Pferdehof am Rande von Martinsfehn drei Menschen ums Leben: die Besitzerin Verena Matzke, ihr zweijähriger Sohn Michel und Daniela Finke, eine pferdebegeisterte Siebzehnjährige, die mit im Haus lebte. Verenas Lebenspartner Wulf Leutnant ging damals von der Schuld seiner fünfzehnjährigen Stieftochter Melody aus, genau wie die meisten Menschen im Dorf, und zu Melodys Überraschung hat sich daran bis heute nicht viel geändert. Ihr angespanntes Verhältnis zu ihrer herrischen Mutter sprach damals gegen sie, doch gab es sonst keine belastenden Indizien und die Ermittlungen wurden eingestellt. Nun kehrt Melody nach 20 Jahren mit ihrem kleinen Sohn ins Dorf zurück und prompt gibt es wieder Feuer und Tote. Zufall? Daran glaubt  niemand, auch nicht Renke Nordmann, Leiter des Polizeireviers von Martinsfehn, und seine Kollegin Nola van Heerden von der Kripo Leer. Die alten Akten müssen noch einmal geöffnet werden.

Wieder einmal gelingt es Barbara Wendelken mit großem erzählerischem Geschick, den Leser durch einen Irrgarten von heißen und kalten Spuren zu führen. Obwohl die Zahl der beteiligten Personen beträchtlich ist, behält man mühelos den Überblick, denn die psychologisch ausgefeilten Charaktere prägen sich sehr gut ein. Durch die Zeit- und Perspektivwechsel wird die Spannung nochmals erhöht und dem Leser keine Erholungspause gegönnt, denn jede noch so kleine Information heißt es aufmerksam abzuwägen und im Kopf zu behalten. Die Atmosphäre im Dorf, die latente Bedrohung, der sich Melody mehr und mehr ausgesetzt sieht, und die Entwicklung einer unscheinbaren, verzagten Nebenfigur zur mutigen Heldin haben mir darüber hinaus besonders gut gefallen.

Selbst als Nola, Renke und ich den Fall 30 Seiten vor Schluss endlich zufriedenstellend gelöst hatten und ich mich beruhigt zurücklehnen wollte, wurde es noch zweimal hochdramatisch. Und so heißt es zuletzt: Fall gelöst, aber für Nola und Renke bleibt es dank eines unglaublichen Cliffhangers trotzdem spannend…

Barbara Wendelken: Nur wer die Hölle kennt. Piper 2019
www.piper.de

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