Einmal Polizist – immer Polizist
Das geheimnisvolle Cover in schwarz-weiß, die angenehm grob geprägte Oberfläche des Einbands und der außergewöhnliche Prolog aus der Sicht eines Projektils vermitteln die ersten positiven Eindrücke bei diesem nicht alltäglichen Debütkrimi mit Thrillerqualitäten.
Eigentlich wollte sich Thomas Bulpanek, Ex-Fallanalytiker in Saarbrücken und inzwischen Anti-Gewalt-Trainer, nie wieder in eine Mordermittlung hineinziehen lassen, hatte es seiner Frau sogar fest versprochen. Keine zehn Jahre ist es her, dass er bei Nachermittlungen im Fall einer ermordeten Journalistin, die über eine Entführungsserie sechs- bis neunjähriger Jungen recherchiert hatte, auf seiner Meinung nach skandalöse Versäumnisse der Polizei gestoßen und dafür mit Disziplinarverfahren überzogen worden war. So traumatisch war seine anschließende Kündigung gewesen, dass er noch immer starke Medikamente einnehmen muss, um die aus medizinischer Sicht unerklärlichen Kopfschmerzattacken zu bekämpfen.
Doch kaum aus Stuttgart zu einem Anti-Gewalt-Kurs an einer Schule in Saarbrücken eingetroffen, „stolpert“ er förmlich in die Ermittlungen zu einem Serienmörder, der drei Frauen auf dem Gewissen hat. Sein alter Mentor Martens bittet ihn um seine Mithilfe, denn die Polizei tappt sowohl beim Motiv als auch beim Täter völlig im Dunkeln. Auch sein alter Freund, der Kommunalpolitiker Johannes Wolfarth, bittet ihn um Hilfe, denn seine rechte Hand, die junge Mirjam Reichert, wird von einem Stalker bedroht. Bulpanek, der ein schlechter Neinsager ist und in dem die Ermittlerinstinkte wieder zu erwachen scheinen, nimmt an, obwohl er aufgrund seiner zu Hause vergessenen Medikamente nicht in körperlich bester Verfassung ist. Und dann läuft ihm auch noch die jugendliche Ausreißerin Sassa über den Weg, die er trotz besseren Wissens mit zu sich nimmt…
Über die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Fällen, die Verbindungen in die Vergangenheit und mögliche Täter bzw. Motive tappt nicht nur Thomas Bulpanek sondern auch der Leser sehr lange im Dunkeln. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen immer mehr, je weiter der Krimi fortschreitet, und der Spannungsbogen bleibt während der gesamten 444 Seiten durchgängig sehr hoch.
Etwas genervt hat mich die Geschichte um die altkluge Sassa, die ich als überflüssig und wenig glaubwürdig empfunden habe. Auch der sehr lange thrillermäßige Showdown mit einem fast zum Superman auflaufenden Thomas Bulpanek im Schlaf- und Medikamentenentzug hätte die ein oder andere Kürzung gut vertragen.
Trotz dieser Einschränkungen kann ich den sowohl sprachlich als auch in der Aufbereitung des Themas und der Ausarbeitung der Charaktere überdurchschnittlichen Krimi empfehlen. Und wer Band eins gelesen hat, wird wegen des Cliffhangers am Ende garantiert auch beim nächsten Band wieder dabei sein wollen, so wie ich auch.
Joner Storesang: Seelenschwarz. Rowohlt 2015
www.rowohlt.de