Meg Wolitzer: Das weibliche Prinzip

Zwei Sorten von Feministinnen

Greer Kadetzky, schüchtern, extrem ehrgeizig und begabt, nimmt 2006 18-jährig ihr Studium am Ryland College auf. Dass es nicht Yale geworden ist, wofür sie und ihr ebenso zielstrebiger Freund Cory die Zulassung bekommen hatten, liegt an der Nachlässigkeit, mit der ihr Vater die Anträge für die Finanzierung ausgefüllt hat. Nun ist Greer zu ihrer Enttäuschung in einem Provinzcollege gestrandet, Cory studiert in Princeton.

Drei Ereignisse zu Beginn ihres Studiums werden für Greers Zukunft prägend: die Freundschaft zu Zee, der sexuelle Übergriff eines Kommilitonen und der Vortrag von Faith Frank, der 63-jährigen charismatischen Gallionsfigur des Feminismus, der für Greer zu einem Erweckungserlebnis wird.

Die US-Amerikanerin Meg Wolitzer erzählt in Das weibliche Prinzip von einer 13 Jahre währenden Periode der Selbstfindung Greers bis zum Jahr 2019. Wie in einer Fieberkurve schnellt die Temperatur bei ihrer Begegnung mit Faith Frank nach oben, steigt während ihres Studiums und ihrer Tätigkeit in deren Stiftung weiter an und endet mit der Entzauberung des Idols, als Faith Frank in Greers Augen zu viele Kompromisse schließt. Mit der Loslösung kann Greer ihren eigenen Weg gehen und wird selbst zur gefeierten Bestsellerautorin und Stimme der Frauenbewegung.

Das weibliche Prinzip ist ein leicht zu lesender Roman mit einem spannenden Thema und meine Erwartungen waren durch die hervorragenden Besprechungen der Vorgängerwerke hoch. Dass der Funke letztlich nicht ganz übergesprungen ist, hat mehrere Ursachen. Hauptsächlich enttäuscht hat mich die Oberflächlichkeit, mit der das Thema Feminismus behandelt wird. In den ersten beiden Dritteln hätte eine deutliche Straffung dem Buch außerdem in meinen Augen gutgetan. Bedauerlicherweise konnte ich die Gründe für Greers Faszination nicht nachvollziehen, nur glauben, nicht spüren. Ein weiterer Kritikpunkt ist die gleichförmige Sprache für alle, sei es Studentin oder ältere Frau. Leider kann ich nicht beurteilen, ob das ein Problem des Originals oder der Übersetzung ist.

Was mir viel besser gefallen hat, sind die Schicksale der Nebenfiguren. Greers Freund Cory, der seine beginnende Karriere nach einer familiären Katastrophe der Familie opfert, „nicht wegläuft, sondern hilft“, ist „in gewisser Weise ein großer Feminist“. Ebenso sympathisch war mir Greers loyale und treue Freundin Zee, die von Greer übel hintergangen wird, lange nach ihrer Bestimmung sucht und aus eigener Kraft einen Weg findet. Am Ende erkennt Zee: „Ich glaube, es gibt zwei Sorten von Feministinnen. Die berühmten und den ganzen Rest, all jene, die still und gewissenhaft ihre Arbeit erledigen, ohne viel Anerkennung zu ernten, die niemanden haben, der ihnen täglich sagt, wie toll sie sind.“ In diesem Roman sind die Letztgenannten meine Helden.

Über das harmonische Ende kann man sicher geteilter Meinung sein, sehr schön fand ich aber, dass mit der Teilnahme Greers am Women’s March für Frauen- und Menschenrechte am 21.01.2017, dem Tag nach der Amtseinführung Donald Trumps, die aktuelle Politik Einzug in den Roman hält.

Meg Wolitzer: Das weibliche Prinzip. DuMont 2018
www.dumont-buchverlag.de

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