Sigge Eklund: Das Labyrinth

Kein Krimi, aber ein absolut empfehlenswertes Drama!

Fast alles hat der DuMont Buchverlag bei diesem Buch richtig gemacht: Die Klappenbroschur liegt angenehm in der Hand, das Cover ist ansprechend, die schnörkellose Schrift auf dem Cover passt wunderbar zur Sprache des Textes, nur den Vergleich mit „Gone Girl“ hätte man besser unterlassen, denn so wurden falsche Erwartungen geweckt und teilweise die falschen Leser angezogen. Schade!

Wie schon deutlich auf dem Cover zu lesen ist, ist Das Labyrinth kein Krimi, erst recht kein Thriller, sondern ein Roman, besser noch ein Psychodrama, um vier Erwachsene und ein elfjähriges Mädchen. Magda, das Mädchen, verschwindet im Mai 2010 spurlos aus ihrem Bett, während die Eltern Åsa und Martin in einem hundert Meter entfernten Restaurant zu Abend essen. Während man in neun Kapiteln, die jeweils mit einem Namen eines der vier Erwachsenen und einem genauen Zeitraum zwischen Dezember 2009 und März 2011 überschrieben sind, die Gefühlwelt eben dieser Protagonisten detailliert kennenlernt, bleibt Magda ein Phantom. Wir erfahren von ihr nicht mehr, als dass sie ein verschlossenes, einzelgängerisches, schwieriges Kind ist. Dem Vater und den Klassenkameraden fremd, von der Mutter, einer fanatischen Psychologin, nach ideologischen Grundsätzen, aber mit wenig Liebe erzogen, kommt der Leser ihr nicht näher, und dass am Ende die überraschende Auflösung ihres Verschwindens so unspektakulär wie tragisch ist, passt zu ihrer Unscheinbarkeit.

Im Mittelpunkt des Dramas steht also nicht Magda, die nur der Anlass für den Roman ist, sondern ihre Eltern Åsa und Martin sowie ein weiteres Paar, Tom und Katja. Zwischen den vier Hauptpersonen gibt es mannigfaltige Verbindungen, von denen der Leser erst im Laufe der Handlung puzzlestückhaft erfährt. Keine der Hauptpersonen war mir besonders sympathisch, alle tragen so viel Ballast mit sich herum, dass sie kaum Empathie für ihre Umgebung aufbringen. Trotzdem wäre ohne Magdas Verschwinden vielleicht alles weitergelaufen wie bisher. Aber nun sind Welten aus den Fugen geraten, besonders bei den Eltern, gegen die sich der erste Verdacht der Polizei richtet.

Besonders interessant ist die gewählte Erzählweise: Obwohl die Kapitel nicht in der Ich-Form abgefasst sind, sondern ein auktorialer Erzähler berichtet, ist dieser nicht immer vertrauenswürdig, wie man es erwarten würde. Man muss also mehrere Versionen lesen, um die Wahrheit zu erkennen. Da nicht chronologisch erzählt wird, sind die Anforderung an den Leser nicht gering, eine Anstrengung, für die man mit einer höchst spannenden, psychologisch tiefgehenden Handlung belohnt wird.

Mir hat dieser Roman ausnehmend gut gefallen. Die nüchterne Sprache, das durchgängig hohe Spannungsniveau, die psychologisch sehr gut ausgearbeiteten Charaktere, die mosaikhafte Erzählweise und die Tatsache, dass am Ende die losen Fäden kunstvoll verknüpft werden, machen dieses Drama für mich absolut empfehlenswert!

Sigge Eklund: Das Labyrinth. DuMont 2015
www.dumont-buchverlag.de

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