Kindernöte und Kinderglück
Granola heißt nicht nur wie ein Schokoladenkeks, sie ist genauso zuckersüß und sympathisch. Die Grundschülerin und Ich-Erzählerin in Timm Milans Kinderbuch Kaninchenschmuggel oder Wie ich Mehlchen vor dem Verschimmeln rettete ist mir wegen ihrer Direktheit, ihrer Ehrlichkeit und ihrem sonnigen Gemüt schnell ans Herz gewachsen, obwohl sie manchmal Ideen hat, bei denen sie sich selbst nicht sicher ist, ob sie gut sind. Dabei hätte sie jede Menge Gründe dafür, traurig und schlecht gelaunt zu sein: Ihre Lieblingslehrerin, Frau Mehl, wird nach einem Unfall durch die desinteressierte, handyspielende Frau Korn ersetzt, die absolut nichts davon mitbekommt, dass Granola und andere in der Klasse gemobbt werden, ihre beste Freundin Jule hat sich von ihr ab- und Vanessa zugewandt, die Mutter erlaubt kein Kaninchen als Haustier und darüber hinaus kämpft Granola gegen das, was sie als „Grammatik-Intoleranz“ bezeichnet: Wortverdrehungen, -verwechslungen und Rechtschreibprobleme.
Ein Klassenausflug in den Streichelzoo, bei dem Granola ein Kaninchen vor dem Regen rettet und einfach heimlich mitnimmt, bringt die Wende. Alleine kann sie dieses Geheimnis nicht hüten, aber da kommt unverhofft Hilfe von ganz unerwarteter Seite und am Ende wird doch noch alles gut…
Das Kinderbuch um die tapfere kleine Granola, die trotz aller Probleme nicht aufgibt, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Die angesprochenen Kindersorgen werden sehr gut thematisiert, so dass sie eine gute Steilvorlage für Gespräche mit Kindern liefern können. Trotzdem hat das Buch eine positive Grundtendenz und zeigt Wege auf, wie die angesprochenen Konflikte gelöst werden können, nämlich durch ein gemeinsames Projekt.
Auch die Gestaltung ist der Illustratorin Susanne Göhlich und dem Thienemann Verlag sehr gut gelungen. Die Granola auf dem Einband hat genau das Aussehen und vor allem die Ausstrahlung, die ich mir nach der Lektüre vorgestellt habe.
Trotz meiner absolut positiven Gesamtbewertung möchte ich aber auch eine „Warnung“ aussprechen. Die „Grammatik-Intoleranz“ von Granola schlägt sich in insgesamt 55 verdrehten, verwechselten und ab und zu auch falsch geschriebenen Wörtern nieder. Meist fand ich das sehr lustig, z. B. bei „Stuhlpreis“ statt „Stuhlkreis“, „Pfreunde“ statt „Freunde“ oder „schmeicheln“ statt „streicheln“. Allerdings hätte ich auf die wenigen falsch geschriebenen Wörter wie „Kwatsch“ oder „kwer“ angesichts der jungen Leser vielleicht eher verzichtet oder sie nicht nur in einer granolisch-deutschen Wörterliste am Ende aufgeführt, sondern auch im Text gekennzeichnet. Insgesamt fällt das für mich aber so wenig ins Gewicht, dass es dem Buch keinen Abbruch tut. Wen dies allerdings stört, sollte seinen Kindern ab ca. sechs Jahren das Buch lieber vorlesen. Ansonsten können Kinder, vor allem Mädchen, aber sicher auch Jungen, die Textmenge ab der dritten Klasse alleine bewältigen.
Ich freue mich auf weitere Bände mit Granola!
Timm Milan & Susanne Göhlich: Kaninchenschmuggel oder Wie ich Mehlchen vor dem Verschimmeln rettete. Thienemann 2016
www.thienemann-esslinger.de