Alain Claude Sulzer: Postskriptum

Ein Künstlerleben mit Höhen und Tiefen

Eingerahmt wird der Künstlerroman Postskriptum des Schweizers Alain Claude Sulzer von zwei Kindheitserlebnissen des 1888 in Lemberg geborenen Protagonisten Lionel Kupfer. Im Prolog wird das Ertrinken seines Bruders geschildert, das er als Sechsjähriger miterlebt, im Postskriptum geht es um die Lektüre von Goethes Ballade vom Erlkönig, mit der er zwölfjährig sein Schauspieltalent entdeckt. Dazwischen erzählt Alain Claude Sulzer ein deutsches Schauspielerleben zwischen Januar 1933, als der gefeierte Star Lionel Kupfer im berühmten Hotel Waldhaus in Sils Maria zu Gast ist, und 1963, als die durch Krieg und Exil schmerzlich unterbrochene Karriere in den USA wieder in Gang gekommen ist.

Kupfers Aufenthalt im Waldhaus wird für den jungen Silser Postbeamten Walter Staufer zum unvergesslichen Erlebnis. Als glühender Verehrer des gefeierten Schauspielers schmuggelt er sich ins Hotel, wird ihm durch einen Zufall vorgestellt und verbringt schließlich einige intime Tage mit ihm. Die Affäre endet, als Kupfers jugendlicher Liebhaber Eduard zu Besuch kommt und ihm die Nachricht vom Ende seiner Karriere als jüdischer Schauspieler in Nazideutschland überbringt.

Die Geschichte von Eduard, einem Kunstbeschaffer der Nazis in Wien, der ein doppeltes Spiel spielt und dafür mit dem Leben bezahlt, fand ich besonders interessant. Auch das Schicksal des homosexuellen Walter und seiner unverheirateten Mutter in den Kriegs- und Nachkriegsjahren in der konservativen Schweiz ist sehr gut erzählt. Atmosphärisch haben mir die Kapitel im Waldhaus am besten gefallen, außerdem ist die Kulisse von real existierenden Zeitgenossen Kupfers aus der Filmbranche und anderen Bereichen des künstlerischen Lebens sehr gut gemacht. Der Protagonist Kupfer ist für mich dagegen unnahbar geblieben. Trotz des großen Unrechts, das ihm widerfährt, konnte ich nicht das nötige Mitgefühl für ihn aufbringen, da er mir anfangs zu arrogant, später zu selbstmitleidig erschien. Auch Eduard und Walter waren mir nicht besonders sympathisch, sodass ich nur mit Walters einfacher Mutter Theres wirklich mitgelitten habe.

Achim Buch, den ich bisher als Sprecher nicht kannte, liest den ungekürzten Roman auf sechs CDs in knapp siebeneinhalb Stunden sehr ruhig und angenehm. Auch wenn ich bei dieser kunstvoll erzählten Geschichte gerne zugehört habe, hatte ich doch immer noch auf irgendeine Art von Überraschung am Ende gewartet, die allerdings ausblieb.

Alain Claude Sulzer: Postskriptum. Gelesen von Achim Buch. argon hörbuch 2018
www.argon-verlag.de

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