Katrine Engberg: Krokodilwächter

Alle Puzzleteile finden ihren Platz

Herausstechend und zweifellos preiswürdig an Krokodilwächter ist der Umschlag: eindeutig Diogenes und doch mit den Schnitten, die den Blick auf den roten Leineneinband freigeben, ganz außergewöhnlich.

Mit Schnitten ist auch die erste Leiche übersät, die Verletzungen im Gesicht wirken sogar wie ein Scherenschnitt. Julie Stender, 21 Jahre alt, wird von einem anderen Mieter ihres Mehrfamilienhauses in der Kopenhagener Innenstadt gefunden. Was diesen Fall so ganz besonders macht, ist die unglaubliche Tatsache, dass die Hausbesitzerin, die berentete Unidozentin Esther de Laurenti, an einem Krimimanuskript arbeitet, das wie ein Drehbuch genau diesen Mord beschreibt. Wer ist der von der Presse als „Messermonster“ titulierte Täter, der so gut wie keine Spuren hinterlassen hat? Wer außer Esther hatte Zugang zu diesem Manuskript? Wer ist Julies geheimnisvoller neuer Freund „Mr. Mox“? Wer postet auf Instagram Fotos der übel zugerichteten Toten? Welche Rolle spielt ihr bulldozerhafter Vater, der sie zugleich vergöttert und bevormundet hat? Wer schwebt noch in Gefahr? Und nicht zuletzt: Was in aller Welt hat es mit dem titelgebenden Krokodil auf sich?

Um es vorwegzunehmen: Die Dänin Katrine Engberg hat in ihrem Debütthriller alle wesentlichen Fragen logisch und befriedigend geklärt. Dazu bedient sie sich zweier Polizeiassistenten, dem eher ruhigen Jeppe Kørner und der manchmal aufbrausenden, eher undiplomatischen Anette Werner, und ihrem Team von der Mordkommission Kopenhagen. Jeppe, dessen Ehe vor acht Monaten am unerfüllten Kinderwunsch gescheitert ist, hat seinen trennungsbedingten Nervenzusammenbruch und seine Selbstzweifel noch nicht überwunden, was sein berufliches Verhalten zwischendurch unprofessionell und gefährlich werden lässt. Dieser Aspekt des Buches ist zwar durchaus interessant und passt letztlich sogar überraschend gut zur Haupthandlung, hätte für mich aber deutlich kürzer ausfallen dürfen. Über Anette, die in einer Musterehe lebt, erfahren wir dagegen wenig, vermutlich wird sie in einem der nächsten Bände mehr in den Fokus rücken.

Der sehr spannende Thriller – oder Krimi – spielt an nur sechs Tagen: vom achten August, dem Todestag Julies, bis zum dreizehnten August, an dem Jeppe im Gespräch mit seinem Freund die äußerst komplexen Umstände noch einmal rekapituliert, wofür ich ihm angesichts der Verwicklungen dankbar war.

Ein Ermittlerteam mit viel Potential für kommende Bände, ein gutes sprachliches Niveau, viel Kopenhagenflair für Kenner, viele sorgfältig ausgearbeitete Charaktere, klug aufgebaute, nahezu durchgängige Spannung und eine gut nachvollziehbare Auflösung als Ergebnis sorgfältiger Ermittlungen zeichnen diesen dänischen Bestseller aus.

Katrine Engberg: Krokodilwächter. Diogenes 2018
www.diogenes.ch

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert