Mara Ferr: Ponts de Paris

In den Fängen eines Teufels

Ein Kräftemessen zweier völlig ungleicher Protagonisten steht im Mittelpunkt von Mara Ferrs Ponts de Paris. Marie Croix, Mitte 50, Witwe eines Schönheitschirurgen mit exquisiter Klinik in St. Tropez, hat nach dessen Tod nur Schulden und Regressforderungen geerbt und gehört deshalb seit acht Jahren zum Heer der Obdachlosen von Paris. Monsieur Mondieu dagegen, der sie eines Tages auffordert, für ihn in seinem Edelbordell tageweise unter maliziös ausgeklügelten Bedingungen als Hausdame zu arbeiten, nicht ohne dies mit einer kapitalen Drohung zu verbinden, herrscht über ein Imperium von Zwangsprostituierten beiderlei Geschlechts und jeden(!) Alters und bietet die Dienste seines für alle Wünsche offenen Etablissements zahlungskräftiger, oft prominenter Kundschaft an. Einen Ausweg scheint es für Marie nicht zu geben und so unterwirft sie sich zunächst wohl oder übel seinen diabolischen Bedingungen…

Gut gefallen an dieser Geschichte hat mir, wie Marie ihren Alltag als Obdachlose strukturiert, indem sie nach einem ausgeklügelten Plan jeden Tag zu einer anderen Brücke wandert. Ebenso interessant fand ich ihre Überlebensstrategie als Zwangsangestellte von Mondieu, mit der sie es schafft, die ihr zur Beobachtung gegebenen Monitor in ihrer Wahrnehmung auf unscharf zu stellen, um die Bilder ertragen zu können, während sie gleichzeitig ihrem Lebenstraum von einem halb verfallenen Häuschen im Languedoc-Roussillon nachhängt. Möglich wird diese Strategie durch zwei Stimmen in ihrem Unterbewusstsein, die ihr kritische Situationen melden und auch sonst hilfreich zur Seite stehen. Auch die Selbstbeherrschung und Geduld, mit der sie an ihrem Befreiungsplan arbeitet und dabei die Stimmen immer weniger braucht, habe ich bei der Lektüre bewundert.

Für mich ist Ponts de Paris eher ein psychologischer Roman oder ein Psychothriller als ein Krimi, aber das ist sicher nicht der Grund, warum ich mich insgesamt nur bedingt mit diesem Buch anfreunden konnte. Was mich durchgängig gestört hat, waren einerseits die Unglaubwürdigkeit – weshalb ich sogar lange überzeugt war, dass sich alles als ein Alptraum entpuppen würde – und andererseits die Eindimensionalität der Charaktere. Ein ehemaliges Mitglied der High Society, das unverschuldet so tief sinkt, dass es Kindern die Wasserflasche entreißen muss, um nicht zu verdursten, und ein Bordellbetreiber, der einen geheimen Hochsicherheitstrakt und ein ganzes Imperium völlig alleine regiert, seine „Angestellten“ auf Schritt und Tritt überwachen und gegebenenfalls liquidieren lässt und dessen Aktionsradius bis in die Niederlande reicht, das war mir einfach zu übertrieben. Auch die Polarisierung zwischen Gut (Marie) und Böse (Mondieu) war mir zu extrem und klischeehaft, weswegen ich nie die nötige Empathie für Marie aufbringen konnte. Wen das aber nicht stört, der kann mit dem flüssig zu lesenden Buch bestimmt ein paar unterhaltsame Stunden verbringen.

Mara Ferr: Ponts de Paris. emons 2014
www.emons-verlag.de

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