Nils Freytag & Silke Schlichtmann: Lesen ist doof

  Bilder sagen mehr als Worte

Laut der repräsentativen Markt-Media-Studie „best for planning 2021“, bei der mehr als 30.000 Personen ab 14 Jahren in Einzelinterviews befragt wurden, liegt das Bücherlesen in Deutschland nur noch auf Rang 13 der Freizeitbeschäftigungen. 25,5 Prozent der Befragten lesen seltener als einmal pro Monat, weitere 24,1 Prozent sogar nie.

Dafür muss es Gründe geben. Die Kinderbuchautorin Silke Schlichtmann und ihr Mann, der Historiker Nils Freytag, haben sich in ihrem ersten gemeinsamen Buch auf die Suche begeben, warum die Hälfte der Befragten Lesen offenbar doof findet. 20 Sätze, die gegen das Lesen sprechen könnten, haben sie in ihrem hübschen kleinen Büchlein zusammengestellt, alle beginnend mit „Lesen ist doof, weil…“. Widerlegt werden sie auf der gegenüberliegenden Seite nicht mit Worten, sondern mittels Pinsel und Stift von namhaften Illustratorinnen und Illustratoren.

Alles Vorurteile!
Ist Lesen wirklich eine ernste Angelegenheit, wenn man dabei so herrlich lachen kann wie der Junge auf der Illustration von Henrike Wilson? Und ist es tatsächlich so anstrengend, wenn doch der von Kathrin Schärer gezeichnete Hase dabei entspannt im Liegestuhl lümmelt, ganz im Gegensatz zu den schwitzenden Sportlern um ihn herum? Wie passt kann Lesen langweilig sein, wenn das von Ulrike Möltgen abgebildete Mädchen sogar beim Überqueren der Straße die Augen nicht vom Buch abwendet? Paul Maar lässt das Sams gar einem ungläubigen Leser auf die Schulter tippen – von wegen alles erfunden! Drei der Illustrationen stammen von Künstlerinnen, die bereits Silke Schlichtmanns Kinderbuchhelden ausgezeichnet ins Bild gesetzt haben: Susanne Göhlich die Pernilla-Bände, Ulrike Möltgen den Bluma-Roman und Maja Bohn die Mattis-Reihe. Sie und alle anderen, Erhard Dietl, Julia Dürr, Cornelia Funke, Sybille Hein, Felicitas Horstschäfer, Ulf K., Regina Kehn, Ute Krause, Daniela Kulot, Axel Scheffler, Marei Schweitzer, Susanne Strasser, Julie Völk und Sabine Wilharm, schaffen es spielend, die Aussagen zu konterkarieren, humorvoll, überraschend und entwaffnend logisch.

© B. Busch

Ein prima Geschenkbuch
Als Leseratte habe ich mich bestens amüsiert und diebisch gefreut, wie trefflich sich die Argumente der Lesemuffel widerlegen lassen, und wer erst einmal über sich selbst lachen kann, hat den ersten Schritt zur Leserin oder zum Leser vielleicht bereits gemacht. Ob Bücherfan oder nicht, die hintersinnig-witzige Zusammenstellung eignet sich bestens für Groß und Klein ab etwa sechs Jahren und liefert garantiert gleichermaßen Stoff zum Diskutieren wie zum Nachdenken.

Noch ein nicht ganz uneigennütziger Vorschlag zum Schluss: Wie wäre es mit einer Fortsetzung zum ebenso wichtigen Thema „Vorlesen“, schließlich wurde Silke Schlichtmann für ihre Kinderveranstaltungen 2019 als Lesekünstlerin des Jahres ausgezeichnet? Vielleicht heißt es ja dann irgendwann auch: Vorlesen ist doof! Wetten, dass sich auch diese Behauptung spielend als falsch entlarven lässt?

Nils Freitag & Silke Schlichtmann: Lesen ist doof. Hanser 2023
www.hanser-literaturverlage.de

 

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