Threes Anna: Warten auf den Monsun

Eine ungewöhnliche Lebens- und Liebesgeschichte

Die Niederländerin Threes Anna lässt uns eintauchen in die Kultur Indiens, umgibt uns mit den Gerüchen und der flirrenden Hitze dieses Landes.

Erzählt werden in nicht-chronogischen, kurzen Kapiteln die Lebensgeschichten der Charlotte Bridgwater, Tochter eines englischen Majors in Indien, und des stummen Wunderschneiders Madan.

Charlotte, die lebenslang unter ihrem tyrannischen Vater leidet, verbringt zehn Jahre auf einem englischen Internat. Zurück in Indien verliebt sie sich in den englischen Chirurgen Peter, doch die kurze Ehe wird von seinem Kriegstrauma überschattet.

Wieder bei ihrem inzwischen verkrüppelten, dementen Vater, mittellos und fast ohne Personal, scheint ihr Leben vorbei. Als jedoch der um einiges jüngere Madan in ihr Haus kommt, beginnt ungewöhnliche Liebesgeschichte.

Threes Anna: Warten auf den Monsun. Insel 2012
www.suhrkamp.de

Isabel Abedi: Whisper

Mischung aus Krimi, Fantasy und Liebesroman

Erholsame Ferien in ländlicher Idylle möchte die Schauspielerin Katharina Thalis mit ihrer Tochter Noa und einem Freund verbringen, deshalb hat sie ein etwas heruntergekommenes Haus in einem verschlafenen Dorf im Westerwald gemietet. Doch Noa kommt nicht zur Ruhe. Da ist einmal der Dauerkonflikt mit ihrer Mutter, die die Schauspielerin auch im Privatleben nicht ablegen kann, dann David, der Junge aus dem Dorf, in den sie sich verliebt, und darüber hinaus die unheimliche Atmosphäre, die das alte Haus, von ihr „Whisper“ genannt, ausstrahlt. Während einer mehr zum Scherz abgehaltenen abendlichen Séance erscheint dann auch prompt der Geist eines Mädchens und behauptet, vor 30 Jahren in diesem Haus ermordet worden zu sein. Noa und David beginnen zu recherchieren und stoßen im Dorf auf Schweigen, Ablehnung und Ausflüchte.

Isabel Abedi hat ein spannendes und mitreißendes Jugendbuch mit sehr vielseitigen, ausgefeilten Charakteren geschreiben. Whisper ist eine gelungene Mischung aus Krimi, Fantasy und Liebesroman und eignet sich für Mädchen ab ca. 13 Jahren.

Isabel Abedi: Whisper. Arena 2005

www.arena-verlag.de

Jean-Jacques Sempé: Kindheiten

Zum 80. Geburtstag von Sempé im Jahr 2012

Ein bezauberndes Geschenk haben uns Sempé und der Diogenes Verlag mit diesem großformatigen, prächtigen Bildband zum 80. Geburtstag des Künstlers im Jahr 2012 gemacht. Nicht ins Bücherregal, sondern auf den Tisch gehört dieses Buch, in dem alle Generationen blättern und sich an der zeitlosen Lebensweisheit und dem hintergründigen Humor der Zeichnungen und Karikaturen erfreuen können.

Das ausführliche Interview mit Sempé richtet sich an die Erwachsenen und erzählt von seiner bedrückenden Kindheit, der er mit Hilfe seiner heiteren, leichten Werke entkommen wollte.

Ich habe beim Anschauen und Lesen zwischen Lachen und Weinen geschwankt.

Jean-Jacques Sempé: Kindheiten. Diogenes 2012
www.diogenes.ch

Jean-Jacques Sempé: Das Geheimnis des Fahrradhändlers

Vom Umgang mit den eigenen Schwächen

„... es gab auf der Welt kein fahrradtechnisches Problem, das Paul Tamburin nicht gelöst hätte. Sein Ruf war so gewaltig, dass man im ganzen Landkreis zu einem Fahrrad nicht mehr Fahrrad sagte, sondern einfach Tamburin.“

Doch ein schreckliches Geheinmis, das er mit niemandem teilen kann, bedrückt den angesehenen Fahrradhändler des französischen Städtchens Saint-Céron, der sonst der glücklichste Mensch sein könnte…

Sempé hat diese Geschichte über den Umgang mit den eigenen Schwächen liebevoll und mit viel Humor erzählt und illustriert, Patrick Süskind hat sie hervorragend übersetzt.

Jean-Jacques Sempé: Das Geheimnis des Fahrradhändlers. Diogenes 2009
www.diogenes.ch

Daniel Scholten: Der zweite Tod

 Noch ein Stockholmer Ermittlerteam im Einsatz

Während der erste Schnee des Winters in Stockholm fällt, beobachten wir den Mord an dem Altertumsforscher Carl Petersson, ausgeführt von Mari, seiner Geliebten.

Aber warum steht die Wohnungstür offen, als die Poizei eintrifft, obwohl wir Mari beim Verriegeln zugesehen haben? Warum liegt die Tatwaffe, die Mari doch in Peterssons Rücken stecken ließ, in der Spülmaschine? Wer hat den Computer vom Boden auf den Schreibtisch gestellt und eingeschaltet? Und wer hat aus der Nachbarwohnung die Polizei alarmiert, wo der Bewohner doch verreist ist? War das, was wir im ersten Kapitel so genau gesehen haben eigentlich doch ganz anders?

Der deutsch-isländische Krimiautor Daniel Scholten, Jahrgang 1973, studierter Ägyptologe und historischer Sprachwissenschaftler, gibt in seinem ersten Krimi um den Stockholmer Kommissar Kjell Cederström und dessen sehr sympathisches Team viele Rätsel auf. Die Spuren führen bis Madrid und Kairo und viel hängt davon ab, ob die EDV-begeisterte junge Kollegin das geheimnisvolle Passwort von Peterssons Computer knacken kann…

Sehr spannende, temporeiche und intelligente Krimiunterhaltung, die Abkühlung in heiße Tage bringt!

Daniel Scholten: Der zweite Tod. Goldmann 2008
www.randomhouse.de

Asta Scheib: In den Gärten des Herzens

Romanbiografie der bayerischen Schriftstellerin Lena Christ (1881 – 1920)

Lena Christ, unehelich geborene Häuslerstochter, verlebte bis zu ihrem achten Lebensjahr eine glückliche Kindheit bei den Großeltern. Ihr Leidensweg begann, als Mutter und Stiefvater sie als billige Arbeitskraft in ihre Gaststätte holten, wo sie schwer misshandelt wurde. Mit 19 Jahren floh sie in die Ehe mit einem Trinker, der sie ebenfalls misshandelte und vergewaltigte. Von den drei Kindern verlor sie bei der Trennung den Sohn an die Schwiegereltern. Es folgte der vollkommene soziale Abstieg in einer heute kaum vorstellbaren Ausprägung.

Als sie im fortschrittlichen Schwabinger Krankenhaus behandelt wurde, erkannte dort Professor Kerschensteiner ihr Talent und ermutigte sie zum Schreiben. Nach ihrer Entlassung lernte sie den Schriftsteller Peter Jerusalem kennen, der sie einerseits förderte und ermutigte, andererseits wieder ausbeutete. Auch diese zweite Ehe scheiterte. Nachdem sie aus Geldnot Gemäldesignaturen gefälscht hatte, beging Lena Christ 1920, von Peter Jerusalem dazu überredet, Selbstmord.

Asta Scheib hat das Leben dieser leider weitgehend vergessenen Schriftstellerin in ihrer Romanbiografie sehr gut recherchiert und erzählt packend das Schicksal einer Frau, die keine Chance auf ein würdiges Leben hatte.

Asta Scheib: In den Gärten des Herzens. dtv 2006
www.dtv.de

Alexis Lecaye: Herz Dame

 Hochspannung

Kommissar Martin ist doppelt im Stress: Privat steht er zwischen seiner Exfrau Myriam und seiner neuen Freundin Marion und seine Tochter ist ungewollt schwanger, dienstlich hält ihn ein psychpatischer Serienmörder, der es auf schlanke, große, brünette Frauen abgesehen hat und sie mit einer Spielzeugarmbrust hinrichtet, in Atem. So hört er auch nur mit halbem Ohr zu, als Myriam ihm von ihrer Angestellten Rosexyne erzählt, die sich in letzter Zeit so auffällig verändert hat.

Dabei wäre die Lösung des Falles so greifbar nahe…

Aus zwei Perspektiven hat Alexis Lecaye diesen außergewöhnlich spannenden Krimi, Start einer neuen Serie, geschrieben: aus der des Mörders, den der Leser von Anfang an kennt, und aus der des Kommissars, der ihm immer näher kommt.

Alexis Lecaye: Herz Dame. Bastei Lübbe 2006
www.luebbe.de

Michael Köhlmeier: Madalyn

Erste große Liebe

Sebastian Lukasser kennt Madalyn seit ihrer Geburt, denn sie lebt mit ihren Eltern im selben Haus in Wien. Das einsame, offene Kind mit den wilden Locken und den älteren Schriftsteller, den Köhlmeiers Leser bereits aus seinem Roman Abendland kennen, verbindet schon lange eine ganz besondere Freundschaft. Deshalb zieht sie ihn ins Vertrauen, als sie mit 14 ihre erste Liebesgeschichte erlebt, denn Moritz, der Junge aus der Klasse über ihr, ist alles andere als einfach. Er gilt als schwer erziehbar, lebt in unübersichtlichen Familienverhältnissen, knackt Automaten, lügt sie an und ist ihr untreu.

Köhlmeier lässt Lukasser von der ersten großen Liebe erzählen, von Vertrauen und Misstrauen, Hoffen und Zweifeln.

Ein leiser, einfühlsamer Roman.

Michael Köhlmeier: Madalyn. Hanser 2010

www.hanser-literaturverlage.de

Gert Anhalt: Für eine Handvoll Yen

Hamada Ken ermittelt im Dreieck des Todes

Hamada Ken, der kleine, dickliche Privatdetektiv aus Tokio, ermittelt wieder, unfreiwillig allerdings, denn eigentlich hat er seinen Beruf an den Nagel gehängt und strebt nun eine Karriere als Folksänger an. Zu seinem Leidwesen ist er aber von Banausen umgeben: Seine deutsche Freundin Susanne verlässt ihn, seine Vermieterin droht ihm wegen des Lärms mit der Kündigung und Sony Music reagiert nicht auf seine Demo-Kassette. Da wird er zu einer alten Bekannten gerufen, die ihm sterbend noch ihren kleinen Enkel in die Hand drückt. So sehr er sich auch dagegen strebt: Er ist mitten in seinem zweiten Fall. Mit dem ewig schreienden Baby am Hals ermittelt er in Kreisen einer Sekte, einer betrügerischen Bank und der Organmafia.

Nach seinem ersten Hamada-Ken-Krimi Tote mögen keine Sushi hat der Japanologe und ZDF-Korrespondent Gert Anhalt wieder einen äußerst raffiniert konstruierten, temporeichen und absolut witzigen Roman geschrieben. So abstrus die Handlung oft erscheinen mag, ist der Hintergrund doch auch dieses Mal genauso ernst wie aktuell.

Gert Anhalt: Für eine Handvoll Yen. Knaur 2004

www.droemer-knaur.de

Gert Anhalt: Tote mögen keine Sushi

Privatdetektiv Hamada Ken versucht zu ermitteln

Hamada Ken ist, wie er selber meint, Tokios einziger Privatdetektiv. Leider gleicht er äußerlich weder Humphrey Bogart noch seinem Comic-Idol Megaman. Da – wie sein amerikanischer Freund meint – Japaner keine Privatdetektive brauchen, weil sie sowieso kein Privatleben haben, war sein aufregendster Fall bisher ein vertauschter Hund.

Das ändert sich schlagartig, als eines Tages der schwerreiche Chef des Katana-Konzerns in sein Büro kommt und ihm ein fürstliches Honorar anbietet, wenn er das Lösegeld für einen Entführungsfall nach „Frankufuroto“ (Frankfurt) bringt. Hamada Ken sagt sofort zu, besteigt ein Flugzeug, geht mit den Eltern des entführten Jungen in ein Sushi-Restaurant und findet sich am nächsten Morgen auf einer Wiese neben dem enthaupteten Vater wieder – das blutige Samuraischwert in er Hand. Die Jagd auf den Ninja-Killer Hamada Ken beginnt…

Gert Anhalt, Japanologe und von 2000 bis 2005 Leiter des ZDF-Studios Tokio, hat außer Sachbüchern über den fernen Osten auch 3 Krimis um den Privatdetektiv Hamada Ken geschrieben. Obwohl der Hintergrund dieses ersten Bandes durchaus ernst ist, hat Anhalt einen überaus unterhaltsamen, schrägen Krimi mit raffiniert inszenierter Handlung und ausgeprägtem Sprachwitz geschrieben. Selten habe ich beim Lesen eines Krimis so herzlich gelacht!

Gert Anhalt: Tote mögen keine Sushi. Knaur 2002
www.droemer-knaur.de