Ménage à trois
Simone de Beauvoir, 1908 in eine gutbürgerliche Familie hineingeboren, war eine der ersten Frauen, die an der Sorbonne Philosophie studierten. Während des Studiums lernte sie Jean-Paul Sartre kennen, dessen lebenslange Begleiterin sie wurde. Die Grundregeln ihrer Partnerschaft waren sexuelle Freiheit nach allen Richtungen, keine Ehe, getrennte Wohnungen und keine hausfraulichen Pflichten.
Ihre Debütroman, Sie kam und blieb, aus dem Jahr 1941 erschien erstmals 1943 im von der deutschen Wehrmacht besetzten Paris. Er ist genau in dem Milieu der Pariser Bohème angesiedelt, in dem Beauvoir und Sartre sich damals bewegten.
Im Mittelpunkt des Romans stehen der Schauspieler und Regisseur Pierre Labousse und die Schriftstellerin Françoise Miquel, die eine Beziehung à la Beauvoir und Sartre führen. Ihr auf volles Vertrauen, Ehrlichkeit, sexuelle Freiheit und die völlige Abszenz von Eifersucht trotz Pierres Affären gegründetes Verhältnis gerät ins Wanken, als Françoise die junge Xavière Pages aus Rouen bei sich aufnimmt. Aus dem Duo wird ein Trio. Doch Xavière akzeptiert die Spielregeln der beiden anderen nicht und spielt sie gegeneinander aus. Sie reizt Pierres Jagdinstinkt und seine Eitelkeit, ist eifersüchtig und drängt Francoise in die Rolle der Rivalin. Als Françoise ihre Eifersucht begreift, sieht sie ihre Existenz gescheitert und es kommt zur Katastrophe.
Der Roman besteht zum großen Teil aus Dialogen, fast wie in einem Drama. Bei mir hat er Wut ausgelöst, manchmal auf Xavière mit ihrem Egoismus, manchmal auf Pierre und Françoise, die Xavières Spiel viel zu lange nicht durchschauen und zu beherrscht reagieren.
Simone de Beauvoir: Sie kam und blieb. Rowohlt 2004
www.rowohlt.de
Der Roman Der Sommer der Schmetterling der 1970 in Brasilien geborenen und seit 2007 in den USA lebenden Autorin Adriana Lisboa stammt bereits aus dem Jahr 2001 und wurde 2003 mit dem Prémio José Saramago, einem bedeutenden portugiesischen Literaturpreis ausgezeichnet. Anlässlich des Gastlandauftritts von Brasilien auf der Frankfurter Buchmesse 2013 wurde er ins Deutsche übersetzt.
Dem Nachwort ist zu entnehmen, dass dem Roman ein Text aus dem Jahr 2010 unter dem Titel Mutter auf Papier zugrunde liegt, den die Autorin nun umgearbeitet hat, damit „es jenes Buch über alternative Elternschaft ist, das ich während der Zeit unserer Familiengenese so gerne gelesen hätte“.
In der Literatur gibt es unzählige Versuche, den Tod der Eltern zu verarbeiten: John von Düffel (Hotel Angst) reist nach dem Tod des Vaters nach Bordighera, wo die Familie ihre Sommerurlaube verbracht und der Vater seinen Lebenstraum gelebt hat, Helen Macdonald richtet in H wie Habicht im Gedenken an den verstorbenen Vater ein Habichtweibchen ab, Simone de Beauvoir reflektiert in Ein sanfter Tod das schwierige Verhältnis zur verstorbenen Mutter und Milena Busquets versucht, ebenfalls autobiografisch inspiriert, ihre ca. 40-jährige Romanheldin Blanca den Tod der Mutter im Sex vergessen zu lassen („Sex gefällt mir, weil er mich im Hier und Jetzt festzurrt.“)
River ist der Debütroman der kanadischen Autorin Donna Milner und eine Familiensaga aus dem Kanada der 1960er-Jahre.
Ein namenloser Protagonist in der Midlife-Krise, der seine unerfüllten Lebenswünsche auf den verstorbenen Großvater projiziert, steht im Mittelpunkt des Romans Neringa oder Die andere Art der Heimkehr von Stefan Moster.
Auch wenn ich Isabel Allendes chilenische Romane mit dem magischen Realismus und die Romane über ihre Familie noch lieber mag, so habe ich doch auch ihren 17. Roman, Die Insel unter dem Meer, einen opulenten historischen Roman und eine beeindruckende Familiensaga, mit Freude gelesen.
Bereits in ihrem empfehlenswerten Erstling Geheime Tochter hat die indisch-kanadische Autorin Shilpi Somaya Gowda vom Leben in zwei Welten erzählt, von der Zerrissenheit zwischen Indien und den USA. Auch in ihrem neuen Roman, der wieder in einer sehr einfachen Sprache, aber packend und gekonnt erzählt ist, spielt diese Zerrissenheit eine zentrale Rolle. Gleichzeitig ist es ein Roman über zwei Lebensschicksale im modernen Indien, über althergebrachte Traditionen, über Heimat und den Aufbruch zu neuen Ufern.