Lasst Kinder Kinder sein!
Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: der alte Griesgram MacMotz, superreicher Fabrikbesitzer und Zuckerwattehersteller, alleiniger Bewohner einer 144-Fenster-Villa, übellauniger Fiesling und meistgehasster Mensch weit und breit, und Danny, ältestes von sechs Geschwistern, die nie satt werden, Zuckerwatte hassen, eine Bruchbude mit nur vier Fenstern bewohnen, aber mit ihrem wunderbaren Vater eine tolle Familie bilden.
Doch an seinem 70. Geburtstag erhält MacMotz einen Brief, der ihn dazu veranlasst, sein Leben radikal zu verändern. Er, der als Kind nie spielen durfte, dessen einziges Bestreben es wurde, durch billige Produktion und teuren Verkauf von Zuckerwatte unsagbar reich zu werden, möchte auf einmal ein netter Mensch werden, indem er die Kindheit, die er nie hatte, nachholt, und von Danny das Spielen lernt.
Wie MacMotz vom schlechten, gemeinen Scheusal zum (ziemlich) guten Menschen wird, wie Danny ihm das Spielen beibringt und die Arbeit in der Fabrik menschenwürdig macht (und sie fast ruiniert) ist eine von Rüdiger Bertram mal komisch, mal nachdenklich, mal traurig erzählte Geschichte, die sehr berührt, nicht nur als man Ende den Inhalt des Briefes erfährt. Die pfiffigen kleinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Heribert Schulmeyer passen wunderbar zum Text und erinnern mich an Walter Triers unvergessene Illustrationen zu den Kinderbüchern von Erich Kästner.
Alles in allem ist MacMotz und die rotzgrüne Zuckerwatte viel mehr als die lockerleichte, witzige Geschichte, die ich aufgrund des Titels und des farbenfrohen Covers erwartet hatte. Es ist ein sehr nachdenklich stimmendes, tiefergründiges Kinderbuch zum Vorlesen ab sechs und für Jungen und Mädchen ab der dritten Klasse zur selbständigen Lektüre. Und nicht nur die Kinder werden so manche Überraschung erleben, auch für Erwachsene gibt es Denkanstöße, vor allem für die, die frühkindliche Bildung so hoch über das kindliche Spielen stellen und letzteres geringschätzen.
Rüdiger Bertram: MacMotz und die rotzgrüne Zuckerwatte. Ravensburger Buchverlag 2016
www.ravensburger.de