Sara Paborn: Blybröllop

  Ende einer Ehe

Eine rabenschwarze Komödie im Stile Ingrid Nolls ist der Roman Blybröllop („Eisenhochzeit“) der 1972 geborenen schwedischen Autorin Sara Paborn, der auf Deutsch unter dem Titel Beim Morden bitte langsam vorgehen bei der DVA erschien. Ich habe ihn in der Originalsprache gelesen, was mit einem Niveau von B1/B2 problemlos möglich war. Hierbei versteht man auch das Wortspiel, das Sara Paborn vielleicht erst auf die Idee zu dieser sehr skurril-unterhaltsamen Geschichte brachte, denn die schwedische Vokabel „gift“ bedeutet sowohl „Gift“ als auch „verheiratet“.

Genug ist genug
Sechs Jahre ist es her, dass Irene genug von ihrer demütigenden Ehe mit Horst hatte. Andere hätten wohl über Scheidung nachgedacht, aber diese Lösung erschien ihr unerfreulich, fantasielos und konventionell. Stattdessen entschied sie sich für die radikalere Variante Giftmord, die ihr anstatt einer Teilung der Besitztümer eine satte Lebensversicherung bescherte. Denn ist eine Ehe nicht wie ein Krieg und muss daher mit dem Tod eines Kontrahenden enden? War Horsts Leben in den vergangenen 15 Jahren überhaupt lebenswert? Was ist schon eine Scheidung, verglichen mit einem Gifttod à la Nero? Lebte er nicht schon länger als der durchschnittliche Schweden vor 100 Jahren? Lange genug, fand jedenfalls Irene, und schritt zur Tat.

Zu Macht und Freiheit
In einem alten Notizbuch, das sie vor mehr als 40 Jahren von ihrer Mutter bekommen und für besondere Zwecke aufbewahrt hat, legt die Ich-Erzählerin sachlich und detailliert Bericht ab. Wir erfahren von der ersten Begnung mit Horst und wie enttäuschend ihre Ehe mit einem egoistischen, gleichgültigen und gefühlskalten Mann verlief, der sie und ihre geliebten Bücher aus der gemütlichen Dachkammer in den Keller verdrängte und nur für seine Kabel und seine Hightech-Musikanlage lebte. Der zufällige Fund alter Vorhänge ihrer Mutter mit den zugehörigen Bleibändern schien da wie ein Wink des Schicksals. Plötzlich hatte sie eine Vision, eignete sich Kenntnisse in Chemie an, funktionierte ihre Küche um zum Labor und stellte Bleizucker her. Zuerst war dessen Anwendung nur ein Gedankenspiel, mit dem ihre Lebensfreude zurückkehrte, doch mit dem ersten Löffel in Horsts Kaffee brach der Damm und die unscheinbare Frau verfolgte aufmerksam und neugierig die Symptome und den allmählichen Verfall ihres Opfers. Äußere Umstände begünstigten ihr Vorgehen und machten sie von Tag zu Tag mutiger und selbstbewusster. Mit Horsts zunehmender Hinfälligkeit hielt sie auf einmal beim Fernsehen die Fernbedienung in der Hand, stellte den Heizungsthermostat ein, bestimmte den Speiseplan und eroberte die Dachkammer zurück.

Bitterböser Humor
Obwohl der Ausgang des Romans von Beginn an klar war, habe ich das Geschehen und die detaillierte Schilderung des Verbrechens in Irenes Plauderton mit größter Spannung und – ich gestehe – mit einer gehörigen Portion Schadenfreude verfolgt. Wie konnte aus der duldsamen, zurückhaltenden Bibliothekarin eine derart abgebrühte Mörderin werden? Würde der arglose Horst irgendwann misstrauisch werden? Und warum konnte sie nach der Tat unbehelligt ein Häuschen auf dem Land beziehen?

Blybröllop ist eine ebenso schwarze wie vergnügliche Lektüre über eine ungewöhnliche Befreiung, bei der es die Ich-Erzählerin mühelos schaffte, mich auf ihre moralisch mehr als fragwürdige Seite zu ziehen.

Sara Paborn: Blybröllop. Brombergs 2018
www.brombergs.se

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