Julie Kibler: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh

Glaube – Liebe – Hoffnung

Der Titel des Romans könnte glauben lassen, dass es sich hier um eine zweitklassige Schnulze handelt, aber das ist Zu zweit tut das Herz nur halb so weh ganz bestimmt nicht. Der 2012 erschienene Debütroman der in Kentucky geborenen US-Amerikanerin Julie Kibler ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Rassismus in den 1930er-Jahren bis heute und eine ebenso tragische wie berührende Liebesgeschichte.

Die Handlung ist einerseits in der Gegenwart, andererseits als Rückblenden in den Jahren 1939 bis 1944 angesiedelt. Die 90-jährige weiße Isabelle und ihre afroamerikanische Friseurin Dorrie sind über die Jahre Freundinnen geworden, trotz des enormen Altersunterschieds, der gänzlich verschiedenen Lebensumstände und der unterschiedlichen Hautfarbe. So ist es fast natürlich, dass Isabelle Dorrie bittet, sie durchs halbe Land mehr als 1600 Kilometer von Texas nach Cincinnati zu chauffieren zu einer Beerdigung, bei der sie Dorrie an ihrer Seite haben möchte. Es ist eine lange Fahrt und eine lange, traurige Geschichte, die Isabelle zu erzählen hat. Sie beginnt und endet mit einem Trauerkleid und Isabelle muss dazu in ihre Jugend Ende der 1930er-Jahre zurückkehren, in eine Zeit, als in Kentucky eine Liebesbeziehung zwischen Weißen und Farbigen nicht nur undenkbar, sondern auch strafbar war. So hatte die Liebe zwischen Isabelle und dem Sohn ihrer farbigen Hausangestellten keine Chance und der Versuch, sich zu widersetzen, musste in einer Tragödie enden. Übrig blieb schließlich nur ein silberner Fingerhut mit der Gravur „Glaube – Liebe – Hoffnung“.

Bis zum Schluss haben weder Dorrie noch ich erraten, zu wessen Beerdigung die beiden ungleichen Freundinnen unterwegs waren, und ich gestehe, dass es mir die Tränen in die Augen getrieben hat, als es offensichtlich wurde.

Ich habe Zu zweit ist das Herz nur halb so schwer nicht als kitschig empfunden. Julie Kibler erzählt packend und ergreifend ein Lebensschicksal und ein Stück hochspannende Zeitgeschichte der Südstaaten, nur die Übersetzung ist zeitweise etwas holprig, so dass die Originalausgabe sicherlich zu bevorzugen ist.

Julie Kibler: Zu zweit tut das Herz nur halb so weh. Piper 2013
www.piper.de

Ute Krause: Minus Drei und die wilde Lucy – Der große Vulkan-Wettkampf

Zu gut gemeint

Als seine Eltern beruflich verreisen müssen, um fern von Farnhausen nach Kräutern zu suchen, kommen Großtante und Großonkel Drei zum Dinositten zu Minus Drei, dem kleinen Dinosaurierjungen. Der bereitet sich gerade auf den großen Vulkan-Wettkampf vor, bei dem er zusammen mit seinem „Haustier“, dem Urmädchen Lucy, den nächsten Familienurlaub gewinnen will. Doch Lucy ist einfach zu klein und kann beim Schwimmen, Sackhüpfen und Hindernislaufen nicht mit den großen Haustieren konkurrieren.

Großtante und Großonkel Drei sehen die Verzweiflung des Neffen und wollen ihm helfen, indem sie Lucy einfach gegen einen Gigantosaurus umtauschen, aber sie haben nicht mit der Zuneigung von Minus zu seinem Urmädchen gerechnet. Denn manchmal meint man es einfach zu gut und es geht gründlich daneben! Aber zum Glück wird doch noch alles gut und Lucy zeigt beim Wettkampf, dass auch die Kleinen zu den Besten gehören können.Bisher kannte ich nur die Minus-Drei-Reihe in der Printausgabe und war beim Hörbuch etwas skeptisch, weil ich neben den Texten auch die Illustrationen von Ute Krause so ganz besonders gelungen finde. Doch die 47-Minuten-CD zum ersten Band der Nachfolgereihe Minus Drei und die wilde Lucy – Der große Vulkan-Wettkampf hat mich nun ebenfalls gänzlich überzeugt. Dank des Stimmenspektrums von Andreas Fröhlich und der inszenierten Lesung mit Musik werden die einzelnen Figuren so lebendig, dass das Zuhören nicht nur Kindern ab vier Jahren, sondern auch Erwachsenen Spaß macht, und die Bilder habe ich wider Erwarten nicht vermisst. Lediglich die Geräusche von Lucy fand ich etwas unangenehm, habe aber auch keine bessere Idee, wie man sie hörbar machen könnte.

Ute Krause: Minus Drei und die wilde Lucy – Der große Vulkan-Wettkampf. cbj audio 2016
www.randomhouse.de

Charmian Hussey: Das Tal der Geheimnisse

Ein unerwartetes Erbe

Stephen, aufgewachsen in einem Londoner Waisenhaus, erführt plötzlich, dass er einen Großonkel hatte, der ihm den Landsitz Lansbury Hall in Cornwall hinterlassen hat. Die Erbschaft ist an die seltsame Bedingung geknüpft, dass er niemanden hineinlassen darf und alles weiterführen muss wie bisher. Das Gut gleicht einer Festung, niemand im Dorf hatte Kontakt zum Großonkel, und als Stephen in das verlassene Haus zieht, hat er das Gefühl, beobachtet zu werden.

Im Haus findet Stephen die Tagebücher seines Großonkels, der als junger Mann am Amazonas war. Beim Lesen erschließt sich für Stephen nicht nur das Rätsel seiner Herkunft, sondern auch das um Lansbury Hall…

Neben den spannenden Erlebnissen von Stephen erfahren die jungen Leserinnen und Leser ab zwölf Jahre viel Wissenswertes über den Amazonas und die dortigen Ureinwohner früher und heute, garniert mit vielen interessanten Zeichnungen.

Ein empfehlenswertes Buch für ausdauernde Leseratten, die hier  ganz nebenbei für die Themen Naturschutz und Toleranz sensibilisiert werden.

Charmian Hussey: Das Tal der Geheimnisse. Rowohlt 2010
www.rowohlt.de

Carson McCullers: Das Herz ist ein einsamer Jäger

Ein hoffnungsloses Elendsbild

Schon lange wollte ich diesen Klassiker der amerikanischen Literatur lesen, den das Time Magazine zu den besten 100 englischsprachigen Romanen und Elke Heidenreich zu ihren Lieblingsbüchern zählt. Dass es nun bei mir doch nicht für fünf Sterne gereicht hat, obwohl Carson McCullers (1917 -1967) die Atmosphäre in einer namenlosen heißen, schmutzigen Kleinstadt in Georgia am Ende der 1930er-Jahre mit großem erzählerischen Talent einfängt, liegt an der fast absoluten Hoffnungslosigkeit der Geschichte und der durchweg düster-depressiven Stimmung, die mich den Roman fast nicht hätte zu Ende lesen lassen.

Im Mittelpunkt dieses Debütromans, den sie im Alter von nur 23 Jahren 1940 veröffentlichte und der sofort auf der amerikanischen Bestsellerliste stand, stehen der taubstumme John Singer und seine vier Besucher Jake Blount, Biff Brannon, Mick Kelly und Doktor Benedict Copeland. Singer, der Mann mit dem friedlichen Ausdruck im Gesicht, hat das verloren, was ihm das Liebste war: seinen ebenfalls taubstummen Freund Spiros Antonapoulos, der in eine Irrenanstalt eingewiesen wurde und später stirbt. Über Singer wird gesagt, dass man seinen Gesichtsausdruck als weise oder bekümmert bezeichnen könnte, vermutlich ist es letzteres, aber seine Mitmenschen deuten ihn als Weisheit. Über Singer wird viel erzählt, jeder sieht in ihm das, was er sehen möchte, jeder schildert ihn so, wie er ihn sich wünscht, und vor allem seine vier Besucher machen ihn fast zu einer Art Gott und sind davon überzeugt, dass nur er sie versteht. Mit ihren Besuchen bei ihm überdecken sie ihre Einsamkeit.

Jake Blount, Mechaniker auf dem Rummelplatz, Alkoholiker, Choleriker, träumt von Freiheit, Gleichheit und der Ausrottung des Kapitalismus ohne Mitglied in der kommunistischen Partei zu sein. Mick Kelly, dreizehnjährige Tochter einer armen, kinderreichen Familie, könnte dem Elend vielleicht durch Bildung entrinnen, muss aber früh die Schule verlassen, um zum Familieneinkommen beizutragen. Ihre Träume gehören der Musik und einem eigenen Klavier. Biff Brannon ist der Besitzer des Café New York, das die ganze Nacht geöffnet ist, und lebt nach dem Tod seiner Frau und einer nicht glücklichen Ehe allein. Doktor Benedict Copeland, schwarzer Arzt, leidet an der Schwindsucht, opfert sich beruflich völlig auf und möchte die Farbigen aus der Unwissenheit und der Unterdrückung führen.

Der Roman, der die Spanne eines guten Jahres umfasst, ist ein Stück amerikanische Zeitgeschichte. Er erzählt von Armut, Verelendung, Rassismus, Hoffnungslosigkeit und vor allem von der Einsamkeit, der Isolation und der fehlenden Kommunikation der Menschen und hat mich damit an die Theaterstücke ihres Zeitgenossen Tennessee Williams erinnert.

Carson McCullers: Das Herz ist ein einsamer Jäger. Diogenes 2013
www.diogenes.ch

Barbara Wendelken: Ihr einziges Kind

Keine einfachen Lösungen

Auch der dritte Teil der Ostfriesland-Krimireihe von Barbara Wendelken um die sympathischen Ermittler Renke Nordmann, Hauptkommissar im Polizeirevier von Martinsfehn, und Nola van Heerden, Oberkommissarin von der Kripo Leer, ist für mich wieder ein großer Wurf im Krimisegment. Selten passen Autorin und Leserin so perfekt zueinander wie bei dieser Serie, die inzwischen für mich die beste ist, die ich derzeit auf dem deutschen Krimimarkt kenne.

Grund dafür ist nicht alleine die jeweils sehr spannende, komplexe Krimihandlung mit ungezählten Wendungen, Einbahnstraßen und Spuren und absolut logischen Auflösungen, sondern die Fähigkeit von Barbara Wendelken, Charaktere und Orte mit wenigen Worten so detailliert zu beschreiben, dass ich sie wie in einem Film vor mir sehe. Außerdem mag ich die häufig wechselnden Perspektiven, die immer wieder ein anderes Licht auf die Geschehnisse werfen und jede zuvor aufgestellte Theorie ins Wanken bringen. Dabei ist es nur ihrem großen erzählerischen Talent zu verdanken, dass man nie die Orientierung verliert, denn scheinbar mühelos führt sie durch den Dschungel aus Spuren und Verdachtsmomenten und gönnt uns nur ab und zu eine kleine Verschnaufpause, wenn es um die ebenso spannende private Beziehung zwischen Nola und Renke geht. Auf über 500 Seiten, von denen keine verzichtbar ist, entsteht so ein absolut umfassendes Bild der Lage und trotzdem ist der Plot jedes Mal eine Überraschung.

Der aktuelle Fall Ihr einziges Kind beginnt mit einem meisterhaften erzähltechnischen Trick, denn bevor es überhaupt ein Verbrechen gibt, werden Renke und Nola wegen eines verschwundenen Säuglings in die Villa des Urologen Dr. Cord Cassjen und seiner deutlich jüngeren Frau Silvana gerufen. Es stellt sich schnell heraus, dass die unter einer postpartalen Psychose leidende, verwirrte Frau das Baby lediglich „verlegt“ hat, aber wir als Leser haben so den Ort, der bald darauf Schauplatz eines Mordes wird, bereits kennengelernt, ebenso wie das Ehepaar Cassjen, die Mutter von Cord, Spirituosenfabrikantin und reichste Frau von Martinsfehn, und ihren Lebensgefährten, den honorigen Landrat a. D.

Renke und Nola jagen im weiteren Verlauf des Krimis nicht nur einen Mörder oder Mörderin, sie suchen auch nach der verschwundenen Silvana, was ein und dasselbe sein könnte, und vor allem nach deren Baby, letzteres eine nur schwer zu ertragende Belastung.

Als Leserin habe ich um den Säugling gezittert, mit angehaltenem Atem die Mordermittlungen verfolgt, wegen der diversen Schweinereien der ach so vornehmen Familie Cassjen mit den Zähnen gekirscht, jede Menge Unschuldige verdächtigt und gehofft, dass es für Nola und Renke endlich ein gutes Ende nimmt. Am Schluss blieb nur eine Frage offen: wann in Martinsfehn das nächste Mal ermittelt wird, denn dann will ich unbedingt wieder dabei sein!

Barbara Wendelken: Ihr einziges Kind. Piper 2016
www.piper.de

Elisabeth Volkers: Meine Reisen mit Familie Mozart

Ein Klavier erzählt

Das Besondere an diesem Bilderbuch ist die Erzählperspektive: Über das Leben des jungen Mozarts erzählt nämlich Thekla, das alte Reiseklavier. Es steht verstaubt auf dem Dachboden und berichtet über die Zeit vor 200 Jahren, als es die Kinder Wolfgang und Nannerl auf ihren ersten großen Reisen begleiten durfte. Viel Spannendes hat es erlebt und erzählt davon: von den ersten Klavierversuchen des Wunderkinds, vom Besuch bei der Kaiserin Maria Theresia und den Reisen durch Europa, aber auch von den Schattenseiten der frühen Karriere, von Krankheit und Geldsorgen.

Zusätzlich gibt es vorn im Buch eine Reisekarte und hinten den Lebensweg Mozarts.

Die Illustrationen von Martina Gollnick sind sehr kindgerecht, der Text von Elisabeth Volkers eignet sich gut zum Einstieg in das Thema Mozart für Kinder ab ca. fünf Jahren und im Hintergrund sollte beim Vorlesen natürlich die entsprechende Musik nicht fehlen.

Elisabeth Volkers: Meine Reisen mit Familie Mozart. Schott 1999
de.schott-music.com

Rüdiger Bertram: MacMotz und die rotzgrüne Zuckerwatte

Lasst Kinder Kinder sein!

Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: der alte Griesgram MacMotz, superreicher Fabrikbesitzer und Zuckerwattehersteller, alleiniger Bewohner einer 144-Fenster-Villa, übellauniger Fiesling und meistgehasster Mensch weit und breit, und Danny, ältestes von sechs Geschwistern, die nie satt werden, Zuckerwatte hassen, eine Bruchbude mit nur vier Fenstern bewohnen, aber mit ihrem wunderbaren Vater eine tolle Familie bilden.

Doch an seinem 70. Geburtstag erhält MacMotz einen Brief, der ihn dazu veranlasst, sein Leben radikal zu verändern. Er, der als Kind nie spielen durfte, dessen einziges Bestreben es wurde, durch billige Produktion und teuren Verkauf von Zuckerwatte unsagbar reich zu werden, möchte auf einmal ein netter Mensch werden, indem er die Kindheit, die er nie hatte, nachholt, und von Danny das Spielen lernt.

Wie MacMotz vom schlechten, gemeinen Scheusal zum (ziemlich) guten Menschen wird, wie Danny ihm das Spielen beibringt und die Arbeit in der Fabrik menschenwürdig macht (und sie fast ruiniert) ist eine von Rüdiger Bertram mal komisch, mal nachdenklich, mal traurig erzählte Geschichte, die sehr berührt, nicht nur als man Ende den Inhalt des Briefes erfährt. Die pfiffigen kleinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Heribert Schulmeyer passen wunderbar zum Text und erinnern mich an Walter Triers unvergessene Illustrationen zu den Kinderbüchern von Erich Kästner.

Alles in allem ist MacMotz und die rotzgrüne Zuckerwatte viel mehr als die lockerleichte, witzige Geschichte, die ich aufgrund des Titels und des farbenfrohen Covers erwartet hatte. Es ist ein sehr nachdenklich stimmendes, tiefergründiges Kinderbuch zum Vorlesen ab sechs und für Jungen und Mädchen ab der dritten Klasse zur selbständigen Lektüre. Und nicht nur die Kinder werden so manche Überraschung erleben, auch für Erwachsene gibt es Denkanstöße, vor allem für die, die frühkindliche Bildung so hoch über das kindliche Spielen stellen und letzteres geringschätzen.

Rüdiger Bertram: MacMotz und die rotzgrüne Zuckerwatte. Ravensburger Buchverlag 2016
www.ravensburger.de

Fjodor M. Dostojewski: Die Sanfte

Zu Tode gequält

In seiner tragischen Novelle Die Sanfte aus dem Jahr 1876 erzählt Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821 – 1881) vom Leben und Tod eines 16-jährigen Mädchens, das sich durch einen Sturz aus dem Fenster das Leben nimmt.

Früh verwaist und mittellos, heiratet „die Sanfte“ im Alter von nur 16 Jahren einen 41-jährigen Pfandleiher, aus dessen Mund wir die Geschichte erfahren. Er wurde durch eine „tyrannische Ungerechtigkeit“ unehrenhaft aus der Armee entlassen, ist davon traumatisiert und möchte sich nun an der Gesellschaft rächen, indem er so viel Geld mit seinem Metier verdient, dass er sich ein Landgut auf der Krim kaufen kann. Als „die Sanfte“ mehrfach in sein Geschäft kommt, um einige kleinere Erbstücke ihrer Eltern zu versetzen, macht er ihr einen Heiratsantrag in der Hoffnung, in ihr den Freund zu finden, denn er sich so dringend wünscht. Anstatt ihr seine Liebe zu zeigen, meint er, sie vorbereiten, besiegen und streng erziehen zu müssen, und so wird die Ehe zum Schauplatz subtiler Machtspiele, die kein gutes Ende finden können. Als die Tragödie geschehen ist, bekennt er: „Ich habe sie zu Tode gequält, das ist es.“

Die strikt eindimensionale Erzählweise verhindert, dass man auch die Sicht des Mädchens erfährt, einerseits ein interessanter Schachzug, andererseits wäre es natürlich höchst spannend, ihre Version der Geschichte zu erfahren.

Ralph Misske liest den Klassiker in 144 Minuten und auf zwei CDs sehr emotional und engagiert, mal laut, mal leise, mal langsam und dann wieder fast über den Text hinweghuschend, und verschmilzt scheinbar vollkommen mit der Figur des unglücklichen Ich-Erzählers.

Fjodor M. Dostojewski: Die Sanfte. argon hörbuch 2006
www.argon-verlag.de

Marjorie Weinman Sharmat: Nick Nase und das Rätsel am Strand

Ein schwieriger Fall für Nick Nase

Leserabe heißt die Erstleserreihe aus dem Ravensburger Buchverlag und je nach Schwierigkeitsgrad sind die Bände in drei Lesestufen für die Klassen eins bis drei eingeteilt.

Nick Nase und das Rätsel am Strand von Marjorie Weinman Sharmat gehört zur zweiten Lesestufe, die sich durch eine große Fibelschrift, sehr kurze Zeilen im Flattensatz, sehr viele farbige, das Leseverständnis unterstützende Illustrationen, einfachen Wortschatz und kurze Kapitel auszeichnet. Am Ende der mit 57 Textseiten bereits recht umfangreichen Ganzschrift befindet sich eine Doppelseite mit Fragen zur Geschichte, mit deren Hilfe das Textverständnis noch einmal überprüft werden kann.

Der kleine Ich-Erzähler und große Hobby-Detektiv Nick Nase und sein Assistent, der Hund Schnuffel, haben es dieses Mal mit einem ganz besonders kniffligen Fall zu tun: Am Strand ist die Badetasche von Oliver spurlos verschwunden. Zwar ist Oliver eine Landplage, aber es versteht sich von selber, dass Nick sofort mit den schwierigen Ermittlungsarbeiten beginnt…

Eine hübsche Erstlesergeschichte mit tollen Bildern von Detlef Kersten, die für geübte Erstklässler und Erstklässlerinnen und für Schüler und Schülerinnen der zweiten Klasse gut zu meistern sein müsste. Mitdenken ist gefragt und ich gebe beschämt zu, dass ich nicht auf die Lösung gekommen bin – aber ich bin schließlich auch kein großer Detektiv!

Marjorie Weinman Sharmat: Nick Nase und das Rätsel am Strand. Ravensburger Buchverlag 2008
www.ravensburger.de

Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer

Es ist nie zu spät für die Liebe

Seit ich Die Eismacher von Ernest van der Kwast mit Freude gelesen habe, wollte ich seinen früheren Roman Fünf Viertelstunden bis zum Meer nachholen. Nun ist mir das Buch bei der Karlsruher Bücherschau im Mare-Regal begegnet und ich habe ziemlich genau fünf Viertelstunden in einer ruhigen Ecke gebraucht, um die kurze Geschichte zu lesen und zu genießen.

Für den 23-jährigen Ezio Ortolani ist es Liebe auf den ersten Blick, als er im Juli 1945 am Strand von San Cataldo in Apulien die 20-jährige Giovanna Berlucchi in ihrem in zwei Teile gerissenen Badeanzug aus dem Meer steigen sieht. Schnell macht er ihr einen Heiratsantrag, später, am Ende eines glücklichen Sommers, noch einen, die die unabhängige junge Frau jedoch ablehnt.

Ezio, den sie für sein ganzes Leben verzaubert hat, flieht 1082 km nach Norden. Als Apfelpflücker, im Winter als Melker, später als Rentner, verbringt er die nächsten 62 in der Nähe von Bozen, bis ihn im Alter von 84 Jahren unerwartet der lang ersehnte Brief erreicht…

Völlig ohne Kitsch breitet der in Südtirol lebende holländisch-indische Autor Ernest van der Kwast diese wunderschöne Liebesgeschichte vor uns aus und vermittelt die Hoffnung, dass es nie zu spät ist, Fehler zu korrigieren. Auf 96 Seiten erzählt er nicht nur zwei ganze Leben, ein ruhiges und ein ruheloses, sondern gibt auch einen kurzen Abriss über die Geschichte Südtirols und die Erfindung des Bikinis.

Ernest van der Kwast: Fünf Viertelstunden bis zum Meer. btb 2016
www.randomhouse.de