Ein Versuch, Geschichte zu verstehen
Uw
e Timm, geboren 1940, einer der bedeutendsten Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur und mehrfach ausgezeichnet, schreibt in diesem dokumentarischen Bericht über seinen 1943 am Dnjepr gefallenen Bruder und die Geschichte seiner Familie nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Bruder hatte ihn „abwesend und doch anwesend“ durch seine Kindheit begleitet, „in der Trauer der Mutter, den Zweifeln des Vaters, den Andeutungen zwischen den Eltern“.
Erst nach dem Tod der Eltern und der Schwester konnte sich Uwe Timm an dieses Thema wagen und hat dafür Fotos, Feldpostbriefe, das knappe Kriegstagebuch des Bruders, das Gehörte und die wenigen eigenen Erinnerungen verarbeitet. Zentrale Fragen waren dabei für ihn, warum der gerade 18-jährige Bruder sich freiwillig ausgerechnet zur Waffen-SS gemeldet hatte und warum er nach dem Krieg in der Familie so verehrt wurde. Man spürt den Wunsch Timms, der Bruder hätte den Gehorsam verweigert, und seine Angst, bei den Recherchen herauszufinden, dass die Division an Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung oder Juden beteiligt war.
Fair, ehrlich und in sehr klarer Sprache schreibt Uwe Timm in Anekdoten nicht nur über eine exemplarische Familie im Krieg und in der Nachkriegszeit, sondern reflektiert auch die Verdrängung der Nazizeit nach 1945 in Westdeutschland. Dennoch ist Am Beispiel meines Bruders keine Abrechnung, sondern ein Versuch, Geschichte zu verstehen.
Ich lese dieses in der wunderbaren, unverwechselbaren Uwe-Timm-Sprache verfasste Buch immer wieder mit sehr viel Gewinn und es hat einen Ehrenplatz in meinem Bücherschrank.
Uwe Timm: Am Beispiel meines Bruders. Kiepenheuer & Witsch 2003
www.dtv.de
Wie lange noch? – Wer kennt sie nicht, diese Frage der Kinder vor Weihnachten? Sabine Ludwig ist die Herausgeberin des gleichnamigen Buches mit dem Untertitel Die schönsten Adventsgeschichten in 24 Tagen, das aber auch Lieder, Gedichte und sogar Rezepte enthält.

Weil sich der kleine Wau in seiner Hütte einsam fühlt, geht er auf die Suche nach einer Frau. Doch überall hat er Pech: Die Maus hat schon eine Familie, die Kuh ist zu groß, der Hahn will keine Henne abgeben, das Schwein schnacht und die Pudeldame ist zu vornehm. Doch gerade als er resigniert hat und traurig in seiner Hütte liegt, kommt Rettung…


Es ist schwierig, Bücher für Erstleser zu finden, deren Geschichte wirklich begeistern kann. Zu kurz sind die Texte, zu eingeschränkt das Vokabular. Bisher fand ich die Erstleserbücher aus dem Tulipan Verlag besonders ansprechend, aber mit Michael Petrowitz’ Besuch aus dem Weltraum gibt es auch in der Leserabe-Reihe von Ravensburger einen ausgesprochen originellen, fetzigen, spannenden und von Patrick Wirbeleit witzig illustrierten Titel für die zweite Lesestufe, den begabte Leser allerdings ab dem zweiten Halbjahr von Klasse eins bewältigen können. Besonders schön finde ich, dass ein Junge im Mittelpunkt steht, denn gute Bücher für Jungs sind leider selten, und mit dieser Konstellation kann man Jungs und Mädchen ansprechen.