„Unsere Vergangenheit lauert immer irgendwo“
Anna Stothards Roman Museum der Erinnerung erinnert an einen zunächst leeren Zeitstrahl, der sich im Laufe der 300 zu lesenden Seiten nach und nach mit einzelnen Daten und Ereignissen füllt, über die ich hier allerdings aus Gründen der Spannung so wenig wie möglich verraten möchte.
Die knapp 30-jährige Dr. Cathy Miller aus Essex arbeitet seit vier Jahren als Insektenforscherin im Berliner Museum für Naturkunde. Neben ihren Präparaten hütet sie einen weiteren Schatz: ihr persönliches Museum der Erinnerung, ein verschlossenes Schränkchen mit über 200 kleinen Erinnerungsstücken vom Mäuseschädel über Federn, Muscheln, einen ausgeschlagenen Backenzahn, Spielzeugsoldaten und anderes mehr. Viele Objekte sind schmerzhafte, negative Andenken, die sie auch mit ihrem Verlobten, dem amerikanischen Paläontologen Tom, nicht teilt. Überhaupt weiß dieser überaus verständnisvolle Partner, der selbst in Los Angeles auf der Sonnenseite des Lebens behütet aufgewachsen ist, nichts über Lee-Over-Sands in Essex, wo es nach Abwasser riecht und die Häuser Bruchbuden sind, nichts über den Sommer, als Cathy zehn war, nichts über ihre Schuldgefühle, nichts über Daniel, vor dem sie mit 22 Jahren geflohen ist und der ihr immer noch kleine Päckchen schickt, egal wohin sie geht. Cathy möchte die Vergangenheit und die Gegenwart nicht mischen und meint, sie könne ihre Unglücksandenken wegsperren und ihre Narben überdecken.
Doch bei der 200-Jahr-Feier des Museums, bei der sie einen Preis für ihre herausragende Forschung zur Methamorphose von Schwärmern erhalten soll, kommt es zum finalen Showdown und Cathy muss sich endgültig entscheiden: zurück ins alte Leben oder endgültig die Vergangenheit hinter sich lassen?
Es hat mir großen Spaß gemacht, meinen Zeitstrahl nach und nach zu ergänzen, bis Cathys Vergangenheit als Ganzes vor mir lag. Die Geschichte ist kunstvoll, logisch und spannend aufgebaut und sowohl Cathys als auch Daniels Charakter sind ausgezeichnet herausgearbeitet. Weniger gut kam ich mit Cathys großer Liebe, dem kettenrauchenden Tom klar, der mir einfach zu lieb, zu glatt und zu verständnisvoll war und in meinen Augen fast schon naive Züge trägt. Schade, denn so blieb mir die Beziehung zwischen ihnen leider etwas fremd. Sehr gut gefallen hat mir dagegen, dass das Berliner Naturkundemuseum weit mehr als nur Kulisse für das Geschehen ist und man viel Interessantes über die Sammlung und die Arbeit dort erfährt.
Museum der Erinnerung ist ein Roman ohne Pathos und Kitsch, der die Fragen nach Schuld und Sühne, wahrer und unechter Liebe, Loyalität und den Umgang mit der eigenen Vergangenheit stellt. Anna Stothard erzählt die Geschichte in einer angenehm zu lesenden Sprache mit aussagekräftigen Bildern und Metaphern und der Diogenes Verlag hat daraus eine sehr gut in der Hand liegende Klappenbroschur gemacht.
Anna Stothard: Museum der Erinnerung. Diogenes 2017
www.diogenes.de
Eine anonyme Terrorwarnung per Mail hält die Kommissariate in Bergen und Stralsund vorübergehend in Atem, doch finden Romy Beccare und ihr Team in Bergen genauso wie die Ermittlergruppe um ihren Lebenspartner Jan Riechter, leitender Kommissar in Stralsund, keinen Anhaltspunkt für einen geplanten Terroranschlag durch einen Ralswieker Hotelier. Aber ganz mag Romy, beharrlich wie sie nun einmal ist, die Nachforschungen nicht einstellen, und stößt unvermutet auf zwei ungeklärte Vermisstenfälle aus den Jahren 1990 und 1993. Beide verschwundene Studentinnen waren zuletzt im Gästehaus Magold in Ralswiek abgestiegen, das inzwischen der wegen einer Schussverletzung aus dem Dienst ausgeschiedenen Ex-Polizist Rolf Magold führt. Auch die 1999 ermordete 21-jährige Karin Maier hat dort zuletzt als Zimmermädchen gearbeitet, allerdings wurde für diese Tat ein einschlägig bekannter Sexualstraftäter verurteilt. Als dann auch noch im Zusammenhang mit einem aktuellen weiblichen Leichenfund auf einer stillgelegten Deponie der Name Magold fällt, leuchten nicht nur bei Romy alle Alarmglocken…
„In den nächsten Jahren wird fast jedes deutsche Kind auch Flüchtlingskinder kennenlernen: in der Kita, in der Schule, im Sportverein. Dann sollte es zumindest ansatzweise wissen, was alles hinter diesen Kindern liegt. Darum habe ich mir von Rahaf und Hassan ihre Geschichte erzählen lassen und sie aufgeschrieben“. (Kirsten Boie)

Wenn man ein Lieblingsbuch erneut liest, besteht immer die Gefahr einer Enttäuschung. Bei Keiko, dem Debütroman des US-Amerikaners Jamie Ford aus dem Jahr 2009, ist es mir zum Glück nicht so ergangen, und ich war genauso berührt und gefangen wie beim ersten Lesen vor einigen Jahren.

e Ausgabe der Edition Büchergilde von Wolfheinrich von der Mülbes (1879 – 1965) Klassiker Die Zauberlaterne besticht zunächst durch die hochwertige Aufmachung und die stimmungsvollen, fantasievollen Illustrationen von Rotraut Susanne Berger. Mit knapp 500 Seiten stellt sie außerdem eine Herausforderung für junge Leser ab 9 Jahren dar, die aber für ihr Durchhaltevermögen mit einer allzeit spannenden, abenteuerlichen, manchmal mystisch-schaurigen Rittergeschichte mit Augenzwinkern belohnt werden.
Der Lavendel hat es dem deutschen Krimiautor Remy Eyssen angetan: Nach Tödlicher Lavendel und Schwarzer Lavendel ermittelt der deutschstämmige Rechtsmediziner Dr. Leon Ritter, der sich nur zu gerne und äußerst erfolgreich in die Arbeit der Polizei einmischt, in Gefährlicher Lavendel wieder einmal im südfranzösischen Département Var in der Provence.