Michael Brix: Der barocke Garten

Revolutionäre Gartenarchitektur

Der Kunsthistoriker und Fotograf Michael Brix hat in diesem Bildband den Garten von Schloss Vaux le Vicomte bei Paris, das erste Werk des Gartenarchitekten André Le Nôtre, dokumentiert. Den Auftraggeber, seinen Finanzminister Nicolas Fouquet, ließ Ludwig XIV. dafür einsperren. Er verzieh ihm die Demonstration von Modernität, Eleganz und Aufstieg nicht.

Ich habe mich beim Lesen der lebendigen, gut verständlichen Texte und beim Betrachten der gelungenen, stimmungsvollen Fotos von Brixs Begeisterung für Barockgärten anstecken lassen, auch wenn für mich als Laien manches zu detailliert beschrieben war.

Michael Brix: Der barocke Garten. Arnoldsche 2004
www.arnoldsche.com

Olli Jalonen: Von Männern und Menschen

Die Sommer mit den Krebsen sind vorbei

Ein Tipp vorweg: Hätte ich das Nachwort von Stefan Moster zur politischen Situation 1972 in Finnland vor der Lektüre des Romans gelesen, hätte ich manches besser verstanden.

In ebendiesem Sommer spielt Von Männern und Menschen des 1954 in Helsinki geborenen, in seinem Heimatland sehr bekannten Autors Olli Jalonen. Der Held und Ich-Erzähler, von dem man nur erfährt, dass sein Name vermutlich mit einem „O“ beginnt, erzählt von den Sommerferien in diesem Jahr, die er nicht mit einem Stipendium in den USA und nicht mit seinen Freunden auf einer Interrailtour verbringt, denn sein Vater ist schwer herzkrank und hat deshalb seine Arbeitsstelle verloren. Die Familie lebt von den Putzarbeiten der fleißigen Mutter und O. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Schulden, die durch den Kauf und die Rückgabe des Autos entstanden sind, beim Metallunternehmen Volles Rohr abzuarbeiten, auch wenn er von seinen Fähigkeiten her kein Handwerker, sondern eher Kopfarbeiter ist. Noch ist ungewiss, ob er, der begabte, wissbegierige Schüler nach den Ferien die Schule fortsetzen kann.

Eine Wehmut liegt nicht nur deshalb über dem ganzen Roman, denn der Erzähler ahnt auch von Beginn an, dass die Kindheit vorüber ist: „Für mich sind die Sommer mit den Krebsen vorbei“ (S. 49). Einerseits übernimmt er Verantwortung für seine Eltern und fühlt, dass die Positionen innerhalb der Familie sich verschoben haben, andererseits ist er aber auch sehr leicht lenkbar, sei es, wenn der Vater oder der Chef ihn Auto fahren lassen, obwohl er noch keinen Führerschein hat und das eigentlich nicht möchte, sei es beim Alkoholkonsum mit den Kollegen oder den Freunden, als sein Freund Jukka ihn dazu überredet, verbotenerweise einen Piratensender zu betreiben, oder als eine ältere Frau ihn verführt, obwohl er eigentlich die gleichaltrige Katinka liebt. Einerseits haben mir sein Fleiß, seine Gelassenheit und sein Anpassungsvermögen imponiert, andererseits hätte ich ihm mehr Ecken und Kanten gewünscht.

Im Laufe des Sommers wird O. erwachsener, er beginnt, sich immer wieder gegen andere durchzusetzen, so z. B. beim Gespräch mit dem Arzt seines Vaters oder als er die enttäuschte Katinka zurückholt. Diese Entwicklung zu verfolgen, hat Spaß gemacht. Auch fand ich es schön, Os Verhalten gegenüber dem geistig zurückgebliebenen Kollegen Rekku zu verfolgen, bei dem er dasselbe Verantwortungsbewusstsein und Fingerspitzengefühl und denselben Pragmatismus wie bei seinen Eltern zeigt.

Der Titel des Romans nimmt Bezug auf John Steinbecks Von Mäusen und Menschen aus dem Jahr 1937, in dem zwei amerikanische Wanderarbeiter, der geistig zurückgebliebene Lennie und der kluge George, den Traum von einem besseren Leben träumen. Dieses Buch, das O. bei Rekku findet, zieht sich wie ein roter Faden durch den Roman und weist immer wieder Parallelen zum Geschehen auf.

Ich habe mich streckenweise nicht ganz leicht mit diesem Roman getan, der einige Längen und in mancher Hinsicht ein offenes Ende hat. Doch schließlich habe ich ihn mit dem Gefühl aus der Hand gelegt, dass O. seinen Weg gehen wird, mit oder ohne die Schule zu beenden, und dass er, wenn er seinen Weg weiter konzentriert beschreitet und sich noch mehr durchzusetzen lernt, ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft wird.

Olli Jalonen: Von Männern und Menschen. mare 2016
www.mare.de

Rose Tremain: Und damit fing es an

Auch falsche Wege können zum Ziel führen

Mit seinem Lachen bezaubert Anton den kleinen Gustav schon in der Vorschule. Gustav, dessen Liebe zur Mutter nicht erwidert wird, der vaterlos und bitterarm in der Nachkriegszeit in Matzlingen im Schweizer Mittelland aufwächst und zur Selbstbeherrschung erzogen wird, liebt und bewundert den klavierspielenden Bankierssohn vom ersten Augenblick an und fühlt sich in dessen Familie geborgen. Doch über 50 Jahre müssen vergehen, viele falsche Wege beschritten werden, bis beide ihr Zuhause finden.

Rose Tremain erzählt in ihrem leicht zu lesenden Roman in drei Teilen die Lebensgeschichten der so unterschiedlichen Männer. Im zweiten Teil, der zeitlich größtenteils vor der Geburt von Gustav liegt, liefert sie mit der Geschichte der Ehe seiner Eltern und der Entlassung des Vaters aus dem Polizeidienst die Erklärung für das Verhalten der Mutter ihm gegenüber während seiner im ersten Teil beschriebenen Kindheit in den Jahren 1947 bis 1952. Der dritte Teil von 1992 bis 2002 zeigt Gustav und Anton in fortgeschrittenem Alter.

Viele interessante Themen schneidet Rose Tremain an, leider ohne sie zu vertiefen,  sei es die Einwanderung der von den Nazis verfolgten Juden und die Abschottung der Schweiz, die Angst, in den Zweiten Weltkrieg verwickelt zu werden, oder die traumatischen Erlebnisse eines Engländers in Bergen-Belsen. Diese Ereignisse blieben für mich farblos. Gestört hat mich außerdem die z. T. obszöne Sprache in den Sexszenen, die zumindest im ersten und zweiten Teil überhaupt nicht in die Zeit passt. Auch fand ich einige der Personen, vor allem Frauen, überzeichnet.

Insgesamt habe ich die Lektüre trotzdem nicht bereut, denn Rose Tremain versteht es, ihre Leser zu unterhalten. Ich würde auch ein weiteres ihrer Bücher lesen, obwohl ich hier nur 3,5 Sterne, aufgerundet 4, vergebe.

Rose Tremain: Und damit fing es an. Insel 2016
www.suhrkamp.de

Oliver Matuschek: Drei Leben

Die Lebensgeschichte eines Meistererzählers

Anlässlich des 125. Geburtstages von Stefan Zweig, einem der großen Autoren des 20. Jahrhunderts, erschien 2006 Oliver Matuscheks Biografie Drei Leben – Eine Biographie. Ich habe mich gefragt, ob es dieser angesichts von Stefan Zweigs herausragender Autobiografie Die Welt von gestern überhaupt bedarf, aber da er selber nur äußerst sparsam über sein eigenes Leben und viel mehr über die Zeit berichtet („Es wird eigentlich nicht so sehr mein Schicksal sein, das ich erzähle, sondern das einer Generation.“), erfahren wir bei Matuschek durchaus viel Neues.

Der Titel spiegelt die formale Einteilung des Buches wider, die einer strengen zeitlichen Ordnung folgt. Im ersten Teil von Zweigs Geburt im Jahr 1881 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zeigt uns Matuschek die sichere Welt des Bürgertums, im zweiten vom Ende des Ersten Weltkriegs bis 1934 die Salzburger Zeit bis zum Weggang Zweigs ins Exil und der dritte Teil vom 18.02.1934 bis zu seinem Tod am 22.02.1942 die Zeit im Exil.

Die Biografie wertet neue Quellen, wie z. B. die Briefe des Bruders Alfred Zweig, Erinnerungen der Nachkommen von Stefan Zweig und Lotte sowie Originaltexte aus Privatsammlungen aus. Sie ist gründlich und fundiert, hält sich an Tatsachen und verzichtet weitestgehend auf Spekulationen. Dass ich trotzdem den Eindruck hatte, dem Menschen Stefan Zweig in seinen Büchern näher zu kommen als in dieser Biografie, mag an meiner besonderen Liebe zu seinem Werk liegen. Die Biografie ist auf jeden Fall eine  empfehlenswerte Ergänzung.

Oliver Matuschek: Drei Leben. Fischer 2006
www.fischerverlage.de

Suza Kolb: Der Esel Pferdinand – Pferdsein will gelernt sein

Von wegen blöder Esel!

Da hat sich der kleine Esel Ferdinand, den alle immer nur auf später vertrösten, so auf Emmi, die Enkelin seiner Besitzer gefreut. Bei ihr will er endlich ein richtiger Kinder-Führesel werden, aber dann findet Emmi Esel langweilig und möchte lieber ein Pony. Welche Enttäuschung!

Auch Ferdinand wünscht sich, nachdem er die Pferde und das Pony auf dem Nachbarhof erlebt hat, nichts sehnlicher, als ein elegantes Pferd zu sein, auch wenn sein bester Freund, der unternehmungslustige Ziegenbock Paule, sich fast totlacht, und Emmi Ferdinand inzwischen ins Herz geschlossen hat.

Bei ihrem gemeinsamen Auftritt während eines Hoffest-Zirkusses möchten Ferdinand, Paule und Emmi allen zeigen, was für ein klasse Team sie sind. Doch es kommt noch besser als geplant: Ferdinand wird zum Held des Tages und stellt selbst die Pferde in den Schatten…

Die witzig und ausdrucksstark illustrierte Geschichte um die drei dicken Freunde, den Wunsch, schnell groß zu werden und ein anderer zu sein, und Ferdinands Probleme mit dem gemeinen Bruder und den arroganten Pferden ist sehr kindgereicht erzählt und geht ans Herz. Zum Glück ist aber kein Schmerz so groß, dass eine Mohrrübe ihn nicht vertreiben kann!

Eine sehr unterhaltsame Vorlesegeschichte für Jungen und Mädchen ab fünf Jahren, bei der sich die Erwachsenen in Mutter Esel oder Ziege wiedererkennen werden, oder zum Selberlesen ab der dritten Klasse. Besonders empfehlenswert ist dieses Buch darüber hinaus wie alle Produkte aus dem Magellan Verlag wegen seiner ökologischen, regionalen und sozialverträglichen Herstellungsweise.

Suza Kolb: Der Esel Pferdinand – Pferdsein will gelernt sein. Magellan 2016
www.magellanverlag.de

Kate Brian: Shadowlands

Enttäuschend

Nach der Leseprobe hatte ich einen Jugendbuch-Thriller im All-Age-Bereich erwartet. Der Beginn ist äußerst spannend und der um Haaresbreite missglückte Mordanschlag auf die jugendliche Rory Miller fesselnd geschildert. Allerdings hatte ich bereits bei der Leseprobe meine Zweifel, ob das Buch wirklich ab 14 empfohlen werden kann. Und das ist auch schon mein erster Kritikpunkt: Die Gefahr für Rory und ihre Familie durch einen Serienmörder ist so bedrohlich und gruselig geschildert, dass die ich das Buch frühestens ab 16 empfehlen würde. Dagegen sind die Beziehungsprobleme der beiden Schwestern eher pubertär und damit für ältere Leser langatmig. Hier wäre die Zielgruppe ab 14 eher angesprochen.

Gut gefallen hat mir in der ersten Hälfte die Spannung und die Schilderung der Flashbacks, die Rory verfolgen. Auch der Schreibstil ist angenehm. Ab der Fahrt nach Juniper Landing, wohin die Familie im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms vom FBI geschickt wird, konnte ich allerdings zunehmend weniger mit der Handlung anfangen. Es tauchten immer mehr Fragen auf und ich war sehr gespannt, wie die Autorin sie auflösen würde, um dann vom Ende vollkommen enttäuscht zu werden. Eine billige Auflösung, die viel zu viele Fragen offen lässt und damit – trotz Spannung am Anfang – ein insgesamt enttäuschendes Buch mit fraglicher Zielgruppe.

Kate Brian: Shadowlands. Coppenrath 2015
www.coppenrath.de

Tariq Ali: Die steinerne Frau

Marmara im Sommer 1899

Tariq Ali, 1943 in Pakistan geboren, der inzwischen als Journalist, Schriftsteller, Historiker und Fillmproduzent in London lebt, und den Daniel Cohn-Bendit als „Grenzgänger zwischen der westlichen und arabischen Welt“ charakterisiert, lässt in diesem historischen Roman das Osmanische Reich des Jahres 1899 wiederauferstehen.

In der Sommerresidenz des adeligen Patriarchen Iskander Pascha in Marmara am Schwarzen Meer hat sich die Familie versammelt, weil das Familienoberhaupt erkrankt ist. Frauen, Kinder, darunter die Ich-Erzählerin Nilofer, und Brüder geben sich ein Stelldichein.

Tariq Ali lässt uns einerseits teilhaben an den Einzelschicksalen der Familienmitglieder und der Dienstboten, die bei der Steinernen Frau, einem Gebilde am Ufer des Schwarzen Meeres, ihre „Beichte“ ablegen, andererseits erfahren wir durch die Diskussionen der Protagonisten viel über die politische Entwicklung des Landes.

Der manchmal märchenhaft anmutende Familienroman spricht alle Sinne an und zeigt ein angesichts der Anschlagsflut radikaler Muslime manchmal kaum mehr präsentes Bild der Toleranz des Islams gegenüber anderen Religionen.

Tariq Ali: Die steinerne Frau. Diana 2003
www.randomhouse.de

Grégoire Delacourt: Die vier Jahreszeiten des Sommers

L‘ amour toujours

Dies ist kein durchgängiger Roman, es ist aber auch keine zufällige Sammlung von Kurzgeschichten zum Thema Liebe, denn je länger man liest, desto mehr Verbindungen zwischen den vier Geschichten kann man entdecken, und genau daran hatte ich beim Lesen großen Spaß. Am Ende finden die Geschichten wunderbar zusammen und bilden doch ein Ganzes, obwohl sich die Figuren nur am Rande begegenen, fast wie Kugeln auf einem Billardtisch, die einander streifen oder zusammenprallen und dann wieder auseinanderdriften. Dass dies wie unausweichliche Fügungen und nicht im Mindesten konstruiert auf mich gewirkt hat, ist der Erzählkunst des Franzosen Grégoire Delacourt zuzuschreiben, der die Handlung mit spielerischer Leichtigkeit erzählt.

Dabei sind die Lebensschicksale der vier Hauptpaare – es gibt am Rande noch einige mehr – keineswegs der typische Stoff für eine sommerleichte Strandlektüre, auch wenn sich das Buch einfach lesen lässt. Für eine melancholische Hintergrundmelodie sorgt der immer wieder zitierte französische Sommerhit des Jahres 1999, Francis Cabrels tragisches Chanson „Hors saison“, für den roten Faden die Sprache der Blumen, der Atlantikbadeort Le Touquet bei Boulogne-sur-Mer und das übergroße Bedürfnis der Menschen, nicht allein zu sein.

Am 14. Juli 1999, dem letzten französischen Nationalfeiertag vor der Jahrtausendwende, verflicht sich das Leben der vier Paare an einem Atlantikstrand in Nordfrankreich. Da ist das junge, kindliche Paar mit dem ersten Liebeskummer, die Frau Mitte 30, die nie viel Glück mit den Männern hat, und die Mitte 50, die nach dem Weggang der Kinder ihrem Leben und ihrer Partnerschaft neuen Schwung geben will, und das alte Paar, das so viel zusammen erlebt hat und auch im Sterben vereint bleiben möchte.

Kritiker mögen diesem Episodenroman nicht ganz zu Unrecht einen Hang zum Kitsch und zur Pathetik vorwerfen. Mich hat es in diesem schmalen, sehr französischen Band, in dem bis zum Nachwort und zur Danksagung einfach alles stimmt, nicht gestört.

Grégoire Delacourt: Die vier Jahreszeiten des Sommers. Atlantik 2016
www.atlantikverlag.de

Kerstin Ekman: Tagebuch eines Mörders

Ein psychologischer Krimi

Dieses Buch wollte ich unbedingt lesen, weil Doktor Glas, der schwedische Klassiker von Hjalmar Söderberg aus dem Jahr 1905, auf den sich Kerstin Ekman bezieht, für mich ein großartiger Roman ist. Darin träumt ein junger, einsamer und melancholischer Arzt von einer großen Tat und bringt einen verhassten Patienten, einen Pastor, mit Zyankalipillen um. Der perfekte Mord bleibt ungesühnt.

Kerstin Ekman geht in Tagebuch eines Mörders der Frage nach, woher  ein Autor die Ideen für seine Mordmethoden nimmt und was nach der Tat im Inneren eines Mörders passiert. Wie also kam Hjalmar Söderberg auf den raffinierten Einfall mit den Zyankalipillen?

Pontus Revinge ist ein junger Arzt aus ärmlichen Verhältnissen, vom Schicksal gebeutelt und emotional verarmt. Er ist für die Prostituierten in Stockholms zuständig, kann sich selbst aber keiner Frau nähern. Da lernt er den von ihm bewunderten Schriftsteller Hjalmar Söderberg kennen, der ihn nach einer perfekten Mordmethode fragt. Revinge schlägt ihm nicht nur einen Mord mit Zyankalipillen vor, er stellt auch welche her, zeigt sie ihm und beweist, dass er ein Mann der Tat ist. Doch anders als bei Doktor Glas hegen wird Verdacht gehegt…

Tagebuch eines Mörders ist wie Doktor Glas in Form eines Tagesbuchs und ganz im alten Stil geschrieben und wirkt auf mich selbst wie ein Klassiker. Dies und die detaillierte Beschreibung der Stadt Stockholm und der schwedischen Gesellschaft um 1900 haben mir sehr gut gefallen. Ansonsten habe ich leider keinen rechten Zugang zu diesem Buch, das halb Krimi, halb psychologischer Roman ist, gefunden.

Kerstin Ekman: Tagebuch eines Mörders. Piper 2011
www.piper.de

Solomon Northup: 12 Years a Slave

Zu Unrecht lange vergessen

Vorweg: Ich habe den Oscar-prämierten Film von Steve McQueen, der sehr werktreu sein soll, nicht gesehen, bin aber durch ihn auf das Buch von Solomon Northup aufmerksam geworden.

Der wahre Bericht über seine Verschleppung, den Solomon Northup zusammen mit seinem Co-Autoren David Wilson verfasst hat, erschien erstmals 1853, ein Jahr nach Harriet Beecher Stowes Onkel Toms Hütte, einer fiktionalen Erzählung. Beide Bücher wurden zu Bestsellern und lösten eine Debatte über die Sklaverei aus, doch geriet Twelve Years a Slave nach dem amerikanischen Bürgerkrieg in Vergessenheit. Erst in den 1960er-Jahren wurde der Bericht wiederentdeckt, war aber eher in Historikerkreisen bekannt.

Als der amerikanische Regisseur Steve McQueen 2009 nach einer Vorlage für einen Film über die Sklaverei suchte, fand seine Partnerin, eine Historikerin, das Buch und war begeistert. Es war genau, was McQueen gesucht hatte: ein frei Geborener, der zum Sklaven gemacht wurde.

Solomon Northup, Afroamerikaner, wurde vor dem Sezessionskrieg als freier Mann im Staat New York geboren. Er war Schreiner und Geiger, hatte eine Frau und zwei Kinder. 1841 wurde er mit Hilfe einer List verschleppt und als Sklave nach Louisiana verkauft, wo er zwölf Jahre lang unter unvorstellbaren Bedingungen lebte und arbeitete. Seine Befreiung erfolgte 1853 ebenfalls durch Weiße.

Der Bericht ist in der Ich-Form verfasst und sehr langsam, etwas hochtrabend und extrem detailgenau. Sobald ich mich daran gewöhnt hatte, hat sich das Buch sehr leicht gelesen. Besonders imponiert hat mir an diesem Bericht über eine unvorstellbar brutale, unmenschliche und willkürliche Zeit, dass Solomon Northup nie pauschal verurteilt, sondern immer versucht, das wenige Positive herauszuheben.

In der Mitte enthält die Ausgabe 16 Seiten Bildmaterial aus dem Film.

Solomon Northup: 12 Years a Slave. Piper 2014
www.piper.de