Regina Ramstetter: Apostelwasser

Passauer Kreuzigungen

Die Zahl der Regionalkrimis aus dem emons Verlag ist groß und gemordet wird inzwischen unter dem Verlagslogo nahezu überall in Deutschland und darüber hinaus. Zwar wurde ich bisher noch nie von einem dieser Krimi enttäuscht, aber so gut wie bei Regina Ramstetters Apostelwasser passt es nicht immer. Hier hatte ich jederzeit das Gefühl, mit der Autorin auf einer Wellenlänge zu liegen, sei es beim Humor und Sprachwitz, beim niederbayerischen Flair, bei der Charakterisierung des urigen Personals, beim Kriminalfall, bei der ausführlichen Beschreibung der Ermittlungen oder bei der für meinen Geschmack genau im richtigen Umfang vorhandenen Nebenhandlung. Sehr angenehm war für mich auch, dass ich diesen dritten Band der Reihe um das Passauer Ermittlerteam ohne Kenntnisse der Vorgängerbände problemlos lesen konnte.

Der EKHK (= Erste Kriminalhauptkommissar) Kroner, ein kerniger Mann mit dem Qualitätssiegel „Hiesiger“, 30 Dienstjahre auf dem Buckel, kein Bauchtyp, sondern ein bodenständiger Ermittler, der bei Bedarf und ohne Rücksicht auf Verluste gerne auch mal jemandem ans Bein pinkelt, bekommt es mit einem ganz besonderen Fall zu tun, der in der Presse schnell als „Innstadt-Kreuzigung“ firmiert. Am Ufer der Ilz werden drei Männer mit von Kreuzen durchbohrtem Brustkorb, mit Lendenschurz und mit Händen und Füßen an den Boden genagelt aufgefunden: der ehemalige katholische Pfarrer Gustav Kleingütle, der Anwalt Andreas Geiger und der ehemalige Generalvikar der Diözese Regensburg. Alle sind in den Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen verwickelt, als Täter oder als Vertuscher. Nicht nur Kroner und sein Team hoffen, dass die Opfer von damals nicht die Täter von heute sind, auch als Leserin habe ich mir das gewünscht, denn die eingestreuten Rückblenden auf das Martyrium eines Kindes bei den Domspatzen in den 1960er-Jahren sind erschütternd! Genauso habe ich mir gewünscht, dass die Ermittlungen bei der Passauer Polizei bleiben und nicht ans LKA abgegeben werden müssen, denn vor Ort schien eine rückhaltlose Aufklärung am ehesten gewährleistet.

So sehr der Fall auch fesselt und bewegt, so dankbar war ich über die Unterbrechungen durch Kroners bewegtes Privatleben. Auch hier lief nicht alles rund, gab es Sackgassen und Missverständnisse, doch die Aussicht auf ein Happy End schien eher gegeben.

Ein rundum gelungener Krimi, der mich zugleich sehr gut unterhalten und mir neue Informationen zum Thema Missbrauch in katholischen Einrichtungen und deren Aufklärung geliefert hat. Dank der „Überlebenshilfe“ in Form eines Glossars „für Preußen und andere Ahnungslose“ ist er zum Glück nicht nur für Eingeborene lesbar!

Regina Ramstetter: Apostelwasser. emons 2016
www.emons-verlag.de

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