Inge Meyer-Dietrich: Meral und Jana

Keine Vorurteile, bitte!

Selbstverständlich erfüllt die Erstleser-Reihe Leserabe aus dem Ravensburger Buchverlag alle Anforderungen an diese speziellen Leseanfänger-Bücher: Die Schrift ist eine große Fibelschrift, die Zeilen sind deutlich kürzer als der Satzspiegel breit ist, der Flattersatz erleichtert das Lesen, die Absätze und Kapitel sind kurz und durch zahlreiche Illustrationen unterbrochen. Darüber hinaus gibt es nach jedem der fünf Kapitel eine Frage und am Ende des Buches kreative Leserätsel. Und wer möchte, kann mit diesem Buch sogar bei www.antolin.de Punkte sammeln.

Neben diesen perfekt erfüllten formalen Kriterien hat Meral und Jana von Inge Meyer-Dietrich, farbenfroh und kindgerecht illustriert von Olivia Vieweg, mich auch inhaltlich überzeugt. Die durchgehende Geschichte bietet für die geringe Textmenge viel Inhalt und spricht  Kinder altersgerecht auf die Themen Freundschaft, Migration und Vorurteile an, ohne sie damit zu überfordern.

Meral, die mit ihren Eltern einst vor einem Krieg nach Deutschland geflohen ist, und Jana sind beste Freundinnen seit dem Kindergarten. Doch beim gemeinsamen Fußballspiel in einer gemischten Mannschaft hört Meral, wie Olli plötzlich schlecht über die Roma im Flüchtlingsheim redet, die angeblich alle klauen. Was bisher keiner wusste: Auch Meral ist eine Roma und durch Ollis Anschuldigungen schwer getroffen. Doch dank eines klugen Fußballtrainers und Janas einfühlsamer Mutter wendet sich schließlich doch noch alles zum Guten…

Ein rundum gelungenes Buch für Leseanfänger ab der zweiten Lesestufe!

Inge Meyer-Dietrich: Meral und Jana. Ravensburger Buchverlag 2016
www.ravensburger.de

Joner Storesang: Seelenschwarz

Einmal Polizist – immer Polizist

Das geheimnisvolle Cover in schwarz-weiß, die angenehm grob geprägte Oberfläche des Einbands und der außergewöhnliche Prolog aus der Sicht eines Projektils vermitteln die ersten positiven Eindrücke bei diesem nicht alltäglichen Debütkrimi mit Thrillerqualitäten.

Eigentlich wollte sich Thomas Bulpanek, Ex-Fallanalytiker in Saarbrücken und inzwischen Anti-Gewalt-Trainer, nie wieder in eine Mordermittlung hineinziehen lassen, hatte es seiner Frau sogar fest versprochen. Keine zehn Jahre ist es her, dass er bei Nachermittlungen im Fall einer ermordeten Journalistin, die über eine Entführungsserie sechs- bis neunjähriger Jungen recherchiert hatte, auf seiner Meinung nach skandalöse Versäumnisse der Polizei gestoßen und dafür mit Disziplinarverfahren überzogen worden war. So traumatisch war seine anschließende Kündigung gewesen, dass er noch immer starke Medikamente einnehmen muss, um die aus medizinischer Sicht unerklärlichen Kopfschmerzattacken zu bekämpfen.

Doch kaum aus Stuttgart zu einem Anti-Gewalt-Kurs an einer Schule in Saarbrücken eingetroffen, „stolpert“ er förmlich in die Ermittlungen zu einem Serienmörder, der drei Frauen auf dem Gewissen hat. Sein alter Mentor Martens bittet ihn um seine Mithilfe, denn die Polizei tappt sowohl beim Motiv als auch beim Täter völlig im Dunkeln. Auch sein alter Freund, der Kommunalpolitiker Johannes Wolfarth, bittet ihn um Hilfe, denn seine rechte Hand, die junge Mirjam Reichert, wird von einem Stalker bedroht. Bulpanek, der ein schlechter Neinsager ist und in dem die Ermittlerinstinkte wieder zu erwachen scheinen, nimmt an, obwohl er aufgrund seiner zu Hause vergessenen Medikamente nicht in körperlich bester Verfassung ist. Und dann läuft ihm auch noch die jugendliche Ausreißerin Sassa über den Weg, die er trotz besseren Wissens mit zu sich nimmt…

Über die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Fällen, die Verbindungen in die Vergangenheit und mögliche Täter bzw. Motive tappt nicht nur Thomas Bulpanek sondern auch der Leser sehr lange im Dunkeln. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen immer mehr, je weiter der Krimi fortschreitet, und der Spannungsbogen bleibt während der gesamten 444 Seiten durchgängig sehr hoch.

Etwas genervt hat mich die Geschichte um die altkluge Sassa, die ich als überflüssig und wenig glaubwürdig empfunden habe. Auch der sehr lange thrillermäßige Showdown mit einem fast zum Superman auflaufenden Thomas Bulpanek im Schlaf- und Medikamentenentzug hätte die ein oder andere Kürzung gut vertragen.

Trotz dieser Einschränkungen kann ich den sowohl sprachlich als auch in der Aufbereitung des Themas und der Ausarbeitung der Charaktere überdurchschnittlichen Krimi empfehlen. Und wer Band eins gelesen hat, wird wegen des Cliffhangers am Ende garantiert auch beim nächsten Band wieder dabei sein wollen, so wie ich auch.

Joner Storesang: Seelenschwarz. Rowohlt 2015
www.rowohlt.de

Dörthe Binkert: Weit übers Meer

Äußere und innere Stürme

Als der Ozeandampfer Kroonland mit 1500 Passagieren an Bord am 23. Juli 1904 Antwerpen verspätet verließ, ging als Letzte eine junge Dame im weißen Abendkleid und mit Diamantohringen an Bord, die sich bald als blinde Passagierin zu erkennen gab.

Die Gerüchteküche kochte hoch: eine Juwelendiebin? eine Kurtisane? oder eine vornehme Damen, die vor ihrem bisherigen Leben davonlaufen wollte? Mit dem Nachdenken über die Fremde kamen die anderen Passagiere ins Grübeln über ihr eigenes Leben, ihre Zufriedenheit oder Unzufriedenheit, ihre Freiheit oder Unfreiheit. Waren sie bereit, ihr bisheriges Leben radikal zu ändern? Nicht nur draußen tobt ein Sturm, auch in ihrem Inneren braut sich einiges zusammen…

In ihrem Debütroman Weit übers Meer greift Dörthe Binkert eine wahre Begebenheit auf. Sie verwebt das Schicksal der geheimnisvollen Frau während der neun Tage dauernden Überfahrt nach Amerika mit den Schicksalen verschiedener Passagiere, was an sich ein sehr interessanter Ansatz ist. Es gelingt ihr gut, ein Sittengemälde der Zeit zu zeichnen, allerdings war mir das Buch an vielen Stellen zu melodramatisch.

Dörthe Binkert: Weit übers Meer. dtv 2012
www.dtv.de

Pebby Art: Klausmüller – Ein Esel sucht ein Pferd

Mit dem sprechenden Stoffesel auf Verbrecherjagd

Stinksauer ist die elfjährige Klara, als ihre Eltern den erträumten Sommer-Sonnen-Strandurlaub auf Mallorca zugunsten eines Tante-Agnes-Urlaubs streichen. Aber da weiß sie auch noch nicht, dass, kaum auf Tante Agnes’ Gut angekommen, ihr geliebter Stoffesel Klausmüller plötzlich lebendig wird, Tante Agnes mehrere Pferde hat, sie in Joey, dem Pferdejungen, einen netten Freund findet und die Ferien so abenteuerlich und gefährlich werden, dass von einem Langeweile-Urlaub mit Der-ganze-Urlaub-wird-bescheuert- Laune absolut keine Rede mehr sein kann… Und weil die Erwachsenen Kindern sowieso nie etwas glauben, müssen Klara, Joey und Klausmüller den Krimi um das verschwundene Pferd schließlich ganz alleine lösen – einschließlich waghalsiger Befreiungsaktion und actionreicher Verfolgungsjagd mit dem Entführer…

Das Kinderbuch um den einfallsreichen, pfiffigen und rotzfrechen sprechenden Stoffesel Klausmüller liest sich äußerst amüsant, ist spritzig, erfrischend und sehr spannend erzählt. Dank Pebby Arts Sprachwitz und Slapstick-Anleihen kommt garantiert keine Sekunde Langeweile auf. Für gute Leser ist Klausmüller – Ein Esel sucht ein Pferd ca. ab der dritten Klasse zu bewältigen, vorher eignet es sich aber schon zum Vorlesen, denn auch jüngere Kinder und die großen Vorleser werden ihren Spaß haben!

Pebby Art: Klausmüller – Ein Esel sucht ein Pferd. CreateSpace Independent Publishing Platform 2014
pebbyart.blogspot.de

Sylvia B. Lindström: Inselfeuer

Kein gewöhnlicher Krimi, sondern eine Gesellschaftsstudie im Mikrokosmos Insel

Meiner ausdrücklichen Empfehlung für Sylvia B. Lindströms Debütroman möchte ich eine Warnung voranstellen: Dies ist kein typisch skandinavischer Krimi, vielleicht sogar überhaupt kein Krimi, und der Aufkleber des Verlags „Spannung aus Schweden“ passt nicht und führt in die Irre. Wer also Spannung à la Mankell, Thursten oder Läckberg sucht, die ich alle auch sehr schätze, wird möglicherweise enttäuscht sein.

Dabei habe ich den Roman, der eine gekonnt komponierte Gesellschaftsstudie über ein öländisches Dorf und seine Bewohner ist, als ausgesprochen spannend empfunden, aber eben nicht wegen der Krimihandlung, die für mich nur der Katalysator für das Schreiben, nicht aber der Mittelpunkt des Geschehens war.

Wer Öland als Sommertourist kennt, mag sich die Düsternis und Abgeschiedenheit im Winter kaum vorstellen. Ein Fremder wird dort auch nach vielen Jahren nicht vollwertig in die Gemeinschaft aufgenommen, in der sich alle seit Generationen kennen, miteinander verwandt sind, und trotz des ausgiebigen Tratsches doch über Wesentliches schweigen.

Und so tragen die vielen Protagonisten des Romans, die man Stück für Stück kennenlernt, alte, unausgesprochene und unbewältigte  Verletzungen mit sich herum, die sich durch das Nicht-Ausweichen-Können im Mikrokosmos Insel noch verstärken. Aktuelle Geschehnisse, wie die eher im Hintergrund ablaufende Brand- und Mordserie, können deshalb nur mit Kenntnis der Lebensgeschichten verstanden und aufgeklärt werden. Alasca Rosenberg und Stellan Qvist, die beiden auf der Insel lebenden, aber auf dem Festland tätigen Rechtsanwälte, sind aus diesem Grund sowohl beruflich als auch privat betroffen.

Ich habe eine Weile zwischen vier und fünf Sternen geschwankt, weil mich das in meinen Augen verfehlte Marketing und die erhebliche Anzahl an Druckfehlern, die ich bei dem von mir sehr geschätzen  Aufbau Verlag ungewöhnlich fand, gestört haben. Aber letztlich haben der Sog der Geschichte, die besondere Atmosphäre, der fein komponierte Erzählrhythmus, die durchdachte Auflösung und die sensible Schilderung unterschiedlichster Charaktere vor einer außergewöhnlichen Kulisse den Ausschlag für die Premiumbewertung gegeben. Ich werde bei weiteren Bänden der Serie um Alasca Rosenberg und Stellan Qvist  jedenfalls gerne wieder dabei sein.

Sylvia B. Lindström: Inselfeuer. Aufbau 2016
www.aufbau-verlag.de

Jörg Hilbert: Die Pappenheimer

Bei Schnipsel und Co.

Die Pappenheimer sind Papierfiguren und tragen Namen wie „Schnipsel“, „Zettel“, „Folia“ oder „Blöckchen“. Als Neuerscheinungen kommen sie zur Welt und werden zu Klassikern.

Als es eines Tages das Fräulein Schnipsel auf eine Wiese und direkt vor die Füße des Mistkäfers Skarabäus weht, wird der in die märchenhafte Welt der Pappenheimer hineingezogen. In der Papierstadt, wohin Fräulein Schnipsel ihn mitnimmt, herrscht große Aufregung, denn der Herbst steht mit seiner Nässe vor der Tür und die Pappenheimer brauchen dringend ein neues Quartier. Und dann wird Pappenheim auch noch von zwei Kindern entdeckt…

Der Autor und Illustrator Jörg Hilbert wurde als Erfinder des Ritters Rost bekannt. Im weniger bekannten, sehr fantasievollen Mikrokosmos der Pappenheimer können seine kleinen Leserinnen und Leser ab ca. acht Jahren sich wohlfühlen, mitfiebern und die wunderschönen Illustrationen genießen.

Jörg Hilbert: Die Pappenheimer. Terzio 2008
www.carlsen.de/terzio

Diane Broeckhoven: Ein Tag mit Herrn Jules

Ein anderes Abschiednehmen

Alice und Jules waren über 50 Jahre verheiratet. Seit sie beide in Rente sind, ist das gemeinsame Frühstück ein Ritual: Jules bereitet es zu, Alice darf liegen bleiben und wird vom Kaffeeduft geweckt. Doch an einem Morgen ist alles anders: Zwar ist der Tisch liebevoll gedeckt und es duftet wie immer, aber Jules sitzt tot in seinem Sessel.

Blitzschnell wägt Alice ihre Alternativen ab: Wenn sie ihren Sohn oder das Beerdigungsinstitut anruft, wird Jules ihr genommen und eine Maschinerie läuft an. Und so beschließt sie, sich einen Tag Zeit für den Abschied zu nehmen, letzte „Gespräche“ mit ihm zu führen, letzte Rechnungen zu begleichen und in zärtlichen Erinnerungen zu schwelgen.

Das kleine Büchlein der niederländischen Autorin Diane Broeckhoven kann man in einer guten Stunden lesen und hat trotzdem das Gefühl, dass die Zeit ganz langsam verrinnt. Es ist ein stilles Buch zu einem im wahrsten Wortsinn todtraurigen Thema, das trotzdem nie bedrückend wirkt.

Diane Broeckhoven: Ein Tag mit Herrn Jules. Rowohlt 2006
www.rowohlt.de

Anchee Min: Madame Mao

Eine fiktive Biografie über Maos letzte Ehefrau

Diese fiktive Biografie der letzten Ehefrau Maos, mit der er von 1939 bis zu seinem Tod 1976 verheiratet war, ist einerseits geschichtlich-politisch hochinteressant, andererseits gibt es so wenig gesicherte Informationen über diese Frau, dass sehr vieles in den Bereich der Fantasie eingeordnet werden muss.

Madame Mao wurde 1914 in der chinesischen Provinz Shangdong als unerwünschte Tochter einer Konkubine geboren. Schön, zäh und willensstark floh sie bereits mit 15 zum ersten Mal von zuhause, schloss sich einer Operntruppe an und machte Karriere in Shanghai. Sie wurde Kommunistin, leugnete dies allerdings in der Haft, was ewig ein wunder Punkt in ihrer Biografie war.

Als sie 1939 in vierter Ehe den 46-jährigen Mao heiratete, glaubte sie, endlich eine politische Rolle spielen zu können, wurde jedoch nach dessen Machtergreifung kaltgestellt. Erst in den letzten Jahren vor Maos Tod kam sie als Mitarbeiterin im Kulturministerium und im Politbüro der KP zu Macht und wurde zur treibenden Kraft der Kulturrevolution. Nach Maos Tod 1976 wurde sie als Haupt der sogenannten Viererbande verhaftet, zum Tode verurteilt und später begnadigt. 1991 beging sie Selbstmord.

Anchee Min wurde mit 17 Jahren in ein Arbeitslager gesteckt und nach vielen Jahren dort von Madame Maos Talentsuchern entdeckt. Sie machte Karriere und wanderte nach Maos Tod in die USA aus.

Die wechselnden Erzählperspektiven zwischen „ich“ und „sie“ machen die fiktive Biografie unterhaltsam und abwechslungsreich. Allerdings hat es mich beim Lesen gestört, dass ich nie wusste, was wahr und was erfunden ist. Insgesamt sind mir Sachbuch-Biografien einfach lieber als Romanbiografien.

Anchee Min: Madame Mao. Fischer 2007
www.fischerverlage.de

Silvia Stolzenburg: Die Fliege

Nicht „wer?“, sondern „warum?“

Lasse sich keiner von der harmlosen Fliege auf der herstellerisch sehr gut gemachten Klappenbroschur täuschen. Der zweite Krimi um das Stuttgarter Ermittlerteam Anna Benz und Markus Hauer beginnt mit einer äußerst brutalen Folterszene mit Todesfolgen am 6. Juni 2015. Die von drei Mördern im Spitalwald unweit des Katzenbacher Hofs in Stuttgart-Vaihingen abgelegte Leiche wird am nächsten Tag, Annas erstem Arbeitstag nach einem erholsamen Urlaub, gefunden und umgehend ein SOKO-Katzenbach-Team zusammengestellt. Da die Identität des jungen Mannes, dem nicht nur die Hände, sondern auch die Zunge fehlen, im ersten Drittel des Romans unbekannt ist, und die einzigen Zeugen ein kleiner Junge und ein Obdachloser sind, gestalten sich die Ermittlungen zunächst höchst problematisch. Erst mit der Identifizierung des Toten dank seines Zahnarztes kommt Bewegung in diesen Fall, von dem viele Spuren in den Bereich der Cyberkriminalität weisen…

Obwohl es sich bei diesem Krimi bereits um den zweiten Band einer Reihe handelt und ich Band eins, Tödliche Jagd, bisher nicht kenne, konnte ich das Buch problemlos lesen und verstehen. Das Privatleben und die komplizierte Vergangenheit von Anna Benz werden, soweit zum Verständnis nötig, rückblickend erklärt, sodass ich nie den Eindruck hatte, Zusammenhänge nicht zu verstehen.

Die große Stärke dieses Krimis ist die detailgetreue Schilderung der Ermittlungsarbeit, die so interessant erfolgt, dass ich keine Sekunde gelangweilt war. Im Gegenteil hätte ich mir durchaus gewünscht, dass die Arbeit der Polizei an diesem Fall, der schließlich vier Morde umfasst und eine Zusammenarbeit mit dem LKA München erfordert, länger als nur 12 Tage gedauert und ich noch mehr über Annas Gedankenwelt erfahren hätte. Die Auflösung des Falles, dessen Spannung sich nicht aus dem „Wer“ sondern aus dem „Warum“ speist, erfolgt aber schlüssig und umfassend und dankenswerterweise werden die Aktivitäten rund ums Netz auch für Nicht-Nerds gut verständlich erklärt. Stilistisch hat mir das Buch ebenfalls gut gefallen und nicht selten habe ich mich über kleine Seitenhiebe oder humorvolle Formulierungen amüsiert. Dass die beiden Hauptermittler sympathische Persönlichkeiten sind, die in einem harmonischen Team ohne die schon zu oft anderenorts dargestellten Kompetenz- und Machtstreitigkeiten arbeiten, hat mich darüber hinaus für diese Reihe eingenommen.

Da ich in der Nähe von Stuttgart lebe und die Handlungsorte Stuttgart und Tübingen ganz gut kenne, war der Krimi eine Art „Heimspiel“ für mich. Ich kann ihn aber nicht nur für Schwaben, sondern für alle Krimifans empfehlen, die allerdings dazu bereit sein müssen, zwei kurze, jedoch heftige und schockierende Gewaltszenen zu akzeptieren.

Silvia Stolzenburg: Die Fliege. Bookspot 2016
blog.bookspot.de

Kirsten Boie: Skogland

Viel mehr als eine spannende Abenteuergeschichte

Überraschend gewinnt die schüchterne 14-jährige Jarven aus einer norddeutschen Kleinstadt ein Filmcasting, an dem sie trotz des Verbots ihrer alleinerziehenden, extrem ängstlichen Mutter teilnimmt. Mit dem Filmteam fliegt sie nach Skogland, einem fiktiven Land im Norden, das aus zwei Inseln besteht: Südskogland mit seiner reichen, blonden Bevölkerung und dem Regierungssitz und Nordskogland mit seinen Bodenschätzen, wo die Menschen arm, rechtlos und dunkelhaarig sind. Jarven soll keineswegs in einem Film mitwirken, sondern die verschwundene Prinzessin Malena doubeln, die untergetaucht ist und sich den nordskogischen Rebellen angeschlossen hat.

Die politisch unerfahrene Jarven wird zum Spielball in der Hand des machtgierigen Vizekönigs Norlin, der bis zu Malenas Volljährigkeit regiert. Erst als die Rebellen Jarven kidnappen, begreift sie die Zusammenhänge und erfährt Überraschendes über ihre eigene Herkunft.

Skogland ist für mich einer der besten Kinderromane der letzten Jahre und sticht auch im herausragenden Werk von Kirsten Boie noch hervor. Verpackt in eine überaus spannende Abenteuergeschichte vermittelt die großartige Kinder- und Jugendbuchautorin gut verständlich politische Themen wie Arm und Reich, Einwanderung, Rassismus, Diktatur, Widerstand, Terror und Kampf um Bodenschätze, ohne ihre Leserinnen und hoffentlich auch Leser ab ca. elf Jahren zu überfordern.

Kirsten Boie: Skogland. Oetinger 2016
www.oetinger.de